Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

105 Systematik und Artenvielfalt M Arbeitsheft Seite 31, 35, 36 Lebende Fossilien zeigen urtümliche Merkmale Fossilfunde belegen, dass vor etwa 400 Mio bis 70 Mio Jahren im Süßwasser verschiedene Formen des Quastenflossers lebten. Es war eine zoologische Sensation als 1938 Fischer an Südafrikas Ostküste einen Fisch an Land zogen, der kaum Unterschiede zu dem für ausgestorben gehaltenen Quastenflosser aufwies. Quastenflosser sehen auf den ersten Blick wie ganz normale Fische aus: stromlinienförmiger Körper, Schuppen, Flossen. Allerdings weisen die Flossen eine entscheidende Besonderheit auf: Sie werden nicht durch Flossen- strahlen, sondern durch ein knöchernes Armskelett gestützt. Rezente Quasten- flosser bewegen diese gestielten, fleischigen Flossen beim Schwimmen genauso wie Amphibien ihre Extremitäten am Land. Möglicherweise konnten sich fossile Quastenflosser durch das knöcherne Armskelett auf dem Grund „laufend“ fortbewegen, wodurch sie in regenarmen Zeiten, bei Austrocknung von Wasserstellen, vielleicht im Stande waren, sich zum nächsten Tümpel zu schleppen. Die Quastenflosser könnten demnach eine Übergangsform zu den Urlurchen ( Ichthyostega ) und damit das Bindeglied zwischen Fischen und Amphibien sein. Rezente Lebewesen, die wie der Quastenflosser zahlreiche urtümliche Merkmale aufweisen, werden als lebende Fossilien bezeichnet. Ein Beispiel für ein lebendes Fossil und zugleich eine Brückenform aus dem Pflanzenreich ist der Ginko , ein laubtragender Nacktsamer, den es bereits vor 250 Millionen Jahren gegeben hat. Da seine männlichen Geschlechtszellen bewegliche Spermatozoide sind (ein urtümliches Merkmal), wird er als Über- gangsform zwischen Farn- und Samenpflanzen angesehen. 13  Quastenflosser (Modell)  Quastenflosser gehört zu den Knochenfischen  rezent gegenwärtig, noch lebend recentis (lat.) = jung  Ginko ( Ginkgo biloba ) in China heimisch, wird heute weltweit angepflanzt  Karl Ernst von Baer (1792–1876); aus Estland stammender Naturforscher  Ernst Haeckel (1834–1919); deutscher Mediziner, Anatom und Botaniker  Ontogenese Keimesentwicklung, die Entwicklung eines Individuums on (griech.) = das Seiende, genesis (griech.) = Geburt  Phylogenese Stammesentwicklung phylon (griech.) = Stamm Auch die vergleichende Embryologie liefert Belege Karl Ernst von Baer erkannte, dass die Embryonen der Wirbeltiere einander ähnlich sind. Je jünger die Embryonalstadien, desto schwieriger sind sie zu unterscheiden. Ernst Haeckel fasste die Beobachtung Baers 1866 im so genannten Biogenetischen Grundgesetz zusammen: Die Ontogenese ist eine kurze, unvollständige und schnelle Rekapitulation der Phylogenese . Dies würde bedeuten, dass die stammesgeschichtliche Entwicklung im Zeit­ raffer bei der Embryonalentwicklung beobachtbar ist. Ein Säuger müsste dem- nach zunächst ein Fischstadium, danach ein Amphibienstadium usw. durch- laufen. So ist es aber nicht. Die Wirbeltiere lassen zwar viele gemeinsame Merkmale in ihrer Embryonalentwicklung erkennen, Ontogenese und Phyloge- nese verlaufen jedoch nicht immer parallel. Trotzdem liefert die vergleichende Embryologie Beweise für sonst schwer zu durchschauende Verwandtschaftsverhältnisse. So können oft übereinstim- mende Strukturen im Embryonalstadium ( S. 106) nachgewiesen werden, die in der späteren Entwicklung so sehr abgewandelt werden, dass der gemeinsa- me Ursprung nicht mehr zu erkennen ist. Ein Beispiel hierfür sind die Kiemen- taschen, die bei allen Wirbeltierembryonen zu finden sind. Bei Fischen ent- wickeln sich daraus die Kiemen, beim Menschen entwickelt sich aus den ersten Kiementaschen die Eustachische Röhre, die Mittelohr und Rachen ver- bindet. Die übrigen vier Kiementaschen werden üblicherweise zurückgebildet (Ausnahme: Halsfistel,  S. 108). 14  Ginkobaum (Ginkgo biloba) 15  Menschlicher Embryo 1. Das Schnabeltier ist eine rezente Übergangsform zwischen Reptilien und Säugetieren, das Spitzhörnchen vermittelt zwischen Insektenfressern und Primaten. Aufgrund welcher Merkmale? Recherchiere im Internet. 2. Georges Baron de Cuvier lehnte Lamarcks Theorie mit der Begründung ab, dass es zwischen den Arten keine Übergangsformen gäbe. Erörtere, warum diese entscheidende Hinweise für einen Artwandel sind. Selbst aktiv! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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