Begegnungen mit der Natur 6, Schulbuch

93 Information und Kommunikation im Nervensystem M Arbeitsheft Seite 22 Es gibt unterschiedliche Wege in die Sucht Wir müssen uns im Laufe des Lebens ständig auf neue Situationen einstellen und mit Problemen auseinandersetzen. Abhängig von der Persönlichkeit (Selbstbewusstsein, Kommunikations- und Konfliktfähigkeit etc.), geht jede bzw. jeder anders damit um. Falsche Konfliktbewältigung kann zur Sucht führen Sucht steht häufig im Zusammenhang mit Problemen. Dabei kann es sich um Alltagsprobleme, familiäre oder berufliche Überforderung bis hin zu posttrau- matischen Störungen handeln. Von großer Bedeutung sind die Möglichkeiten, die Menschen zur Krisen- und Konfliktbewältigung entwickelt haben. Sie sind die persönlichen Ressourcen, auf die im Fall einer problematischen Lebens- situation zurückgegriffen werden kann. Der österreichische Rausch- und Risikopädagoge Gerald Koller vergleicht die persönlichen Ressourcen (Reserven) mit Klaviertasten. Jede Taste symbolisiert dabei eine bestimmte Möglichkeit, die ein Mensch nutzt, um sich in einen positiven Gefühlszustand zu bringen, wenn es ihm bzw. ihr schlecht geht. Solange ein Mensch zur Konfliktbewältigung auf unterschiedliche Möglichkei- ten zurückgreift (unterschiedliche Tasten drückt), besteht keine Suchtgefahr. Die Vielfalt an Ressourcen bewahrt ihn davor, von einer abhängig zu werden (mit vielen Tasten lassen sich viele unterschiedliche Melodien spielen). Da spielt es auch keine Rolle, wenn jemand einmal seine Sorgen dadurch vergisst, indem er sich zum Computer setzt und spielt oder ein Glas mit Alkohol zu viel trinkt. Suchtgefahr besteht dann, wenn Ressourcen verloren gehen bzw. immer weniger Alternativen genützt werden. Damit wird die Handlungskom- petenz beim Erleben und Bewältigen von Krisen empfindlich eingeschränkt (je weniger Tasten zur Verfügung stehen bzw. gedrückt werden, desto einge- schränkter wird das Repertoire). Steht nur mehr eine Möglichkeit (zB Alkohol, S. 90) zur Lebensbewältigung zur Verfügung, spricht man von Sucht (mit nur einer Taste lässt sich keine Melodie mehr spielen). Jede Alternative – ob gesellschaftlich toleriert oder nicht – kann als einzelne zur Sucht führen. Aus anfänglichem Genuss kann sich Sucht entwickeln Sucht entsteht nicht von heute auf morgen. Zum Beispiel führt der einmalige Genuss eines Glases Rotwein nicht gleich zur Alkoholabhängigkeit. Von Genuss spricht man, wenn jemand zB ein Glas Wein zu einem Abendessen in angenehmer Umgebung trinkt. Trinkt jemand „automatisch“, also ohne dar- über nachzudenken, täglich zum Abendessen Rotwein, ist aus dem ursprüngli- chen „hin und wieder Genießen“ Gewohnheit geworden. Ist der Grund für den Alkoholkonsum der, unangenehmen Situationen zu entfliehen, ist es Mis- sbrauch. Wird der Alkohol immer wieder zur Bewältigung von Krisen konsu- miert, sozusagen als „Problemlöser“, führt dies unweigerlich zur Abhängigkeit. Der Alkohol ist Lebensmittelpunkt geworden. posttraumatische Störung Reaktion, die Wochen bis Monate nach einem belastenden Ereignis oder einer außergewöhnlich bedrohlichen Situation (zB starke Körperverletzung, Todesge- fahr, sexuelle Gewalt) auftritt Rausch- und Risikopädagoge Ein Rausch ist eine Veränderung der Wahrnehmung (Eindrücke, Emotionen, Störung des Bewusstseins …), ein Risiko ist ein bedeutendes Erlebnis, dessen Ausgang ungewiss ist. Ein Rausch- und Risikopädagoge bzw. eine Rausch- und Risikopädagogin bietet Hilfestellungen, Rausch- und Risikokom- petenz zu erwerben, also einen vernünf- tigen Umgang mit Rausch- und Risiko- erlebnissen zu erlernen. Jeder bzw. jede in eurer Klasse schreibt auf Kärtchen (zwei bis drei) jeweils eine Situation wie beispielsweise „Wenn ich traurig bin …“, „Wenn ich mit meinen Eltern gestritten habe …“, „Wenn ich Angst vor einer Prüfung habe …“, „Wenn ich eine gute Note bekommen habe …“ u.s.w. Danach gebt ihr die Kärtchen in eine Schachtel und bildet Grup- pen. Jede Gruppe zieht drei bis vier Kärtchen und überlegt sich Möglichkeiten, wie man auf die vorgegebenen Situa- tionen reagieren könnte. Sie werden auf die Rückseite der Kärtchen geschrieben. Abschließend werden im Plenum die einzelnen Kärtchen besprochen. Fertigt danach gemeinsam ein Plakat mit Klaviertasten an, in das die Handlungs- möglichkeiten eingetragen werden ( Abb. 3). Selbst aktiv! Sport treiben lesen spazieren gehen arbeiten gut essen im Gebet/in der Meditation Kraft finden sich an einen Therapeuten/ eine Therapeutin wenden mit einer vertrauten Person sprechen Schokolade essen Musik hören 72 Klaviermodell nach Gerald Koller mit exemplarischen Ressourcen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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