Begegnungen mit der Natur 6, Schulbuch
66 Neurobiologie Die Sinnesorgane Eine Reizaufnahme erfolgt durch Sinneszellen (Rezeptoren), die für gewöhn- lich nur auf so genannte adäquate Reize ansprechen. Meistens sind die Sinneszellen in Sinnesorganen (zB Auge, Ohr) zusammenge- fasst, selten kommen sie isoliert vor. Lichtsinneszellen gibt es bereits bei niederen Organismen Elektromagnetische Schwingungen ganz bestimmter Wellenlängen (Licht) sind der adäquate Reiz für Lichtsinneszellen. Die einfachste Form des Sehens , das Helligkeitssehen, findet man ua. bei vie- len Muscheln, Stachelhäutern und dem Regenwurm. Es wird durch in die Haut eingelagerte Lichtsinneszellen ermöglicht. Eine Steigerung visueller Wahrnehmung ist das Erkennen der Richtung des einfallenden Lichts. Euglena (vgl. Begegnungen mit der Natur, Band 5) bei- spielsweise besitzt ein lichtempfindliches Organell (Verdickung an der Basis der langen Geißel), das bei seitlichem Lichteinfall von einem Augenfleck (hat Farbstoffe eingelagert) beschattet wird und so die Orientierung nach dem Licht ermöglicht. Bei Vielzellern erfolgt das Richtungssehen im einfachsten Fall über Lichtsin- neszellen, die so von Pigmentzellen (haben eine farbgebende Substanz einge- lagert) umhüllt sind, dass das Licht nur von einer Seite auf die Sinneszellen auftreffen kann. Die höchste Stufe des Sehens, das Bildsehen, ist mit der Entwicklung speziel- ler Lichtsinnesorgane (Sehorgane) verbunden. Insekten haben Komplexaugen Die Oberfläche eines Insektenauges weist viele kleine Sechsecke auf. Jedes Sechseck ist die Chitinlinse eines Einzelauges, das aus einer Gruppe von Licht- sinneszellen, einem Kristallkegel und einer darauf liegenden Chitinlinse besteht. Die benachbarten Einzelaugen werden durch Pigmentzellen vonein- ander abgeschirmt. Die Gesamtheit der einzelnen Augen wird als Komplex- oder Facettenauge bezeichnet. Jedes Einzelauge liefert einen Bildpunkt an das Gehirn, das aus den vielen übermittelten Bildpunkten mosaikartig ein Gesamtbild zusammensetzt. Die Zahl der Einzelaugen ist von den jeweiligen Lebensbedingungen der ver- schiedenen Insektenarten abhängig. So ist bei einem Fluginsekt, das bei sei- nem Flug schnell und sicher erkennen und reagieren muss, die Zahl der Einze- laugen wesentlich größer (bis zu 28 000 Einzelaugen bei Libellen) als vergleichsweise bei einem Ohrwurm, dessen Facettenauge nur etwa 270 Ein- zelaugen aufweist. adäquater Reiz adaequatus (lat.) = entsprechend Ist allerdings ein nicht entsprechender inadäquater Reiz stark genug, kann auch er zu einer Erregung der Sinnes- zelle führen. Er löst allerdings eine dem adäquaten Reiz entsprechende Empfin- dung aus. So führt beispielsweise ein starker Schlag auf das Auge (inadäqua- ter Reiz) zu einer Lichtempfindung (Emp- findung, die ein adäquater Reiz ausge- löst hätte). Sehen visuelle Wahrnehmung visus (lat.) = das Sehen Komplex- oder Facettenauge complexus (lat.) = das Umfassen, die Ver- knüpfung; facies (lat.) = Gesicht, Gestalt 13 Bei zu hoher Lichtintensität zieht sich der Regenwurm ins Erdreich zurück. 14 Euglena mit dem Lichtmikroskop betrachtet 15 Komplexaugen der Fruchtfliege (REM) 16 Bau eines Komplexauges (Schema) 17 Oberfläche eines Komplexauges (Fliege) Sehnerv Nerven- fortsätze Lichtsinnes- zellen Pigment- zellen Chitinlinse Kristallkegel 50µm Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=