Begegnungen mit der Natur 6, Schulbuch

50 Fortpflanzung und Entwicklung Zwillingsbildung Es kann vorkommen, dass innerhalb einer Schwangerschaft zwei oder mehre- re Embryonen heranwachsen. Eineiige Zwillinge sind Klone In der Anfangsphase der Embryonalentwicklung (bis etwa zwei Tage nach der Befruchtung, frühes Morulastadium) sind die Zellen totipotent (totipotente embryonale Stammzellen , Abb. 78). Das bedeutet, dass sich aus jeder ein- zelnen Zelle noch ein vollständiger Organismus entwickeln kann. Findet in dieser Phase, also noch vor der Einnistung in die Gebärmutter- schleimhaut, eine vollständige Durchtrennung statt, nisten sich zwei (oder mehrere) Zellkugeln ein, von denen sich jede zu einem eigenständigen Orga- nismus entwickeln kann. Da sie von derselben Ei- und Samenzelle abstammen, haben sie das gleiche Erbmaterial und dadurch auch gleiches Geschlecht und Merkmale. Genetisch betrachtet sind eineiige Zwillinge und eineiige Mehrlin- ge identische Kopien von Menschen, sie sind also natürliche Klone. Nach der Einnistung sind die Zellen pluripotent, sie spezialisieren sich schließ- lich zu multipotenten Stammzellen, aus denen sich nur mehr spezifische Zel- len entwickeln können ( Abb. 78). Zweieiige haben unterschiedliches Erbmaterial Reifen zur gleichen Zeit zwei Eizellen heran und kommen beide zum Follikel- sprung, können beide befruchtet werden. Es gelangen zwei Keimlinge zur Ein- nistung. Die so entstandenen zweieiigen Zwillinge haben unterschiedliches Erbmaterial, sie ähneln einander nur wie gewöhnliche Geschwister. Siamesische Zwillinge sind eineiig Siamesische Zwillinge sind eineiige Zwillinge, die an irgendeiner Stelle des Körpers, meistens Brust, Rücken oder Kopf, miteinander verwachsen sind. Sol- che Zwillinge besitzen oft gemeinsame Organe. Sind keine lebenswichtigen Organe davon betroffen, ist eine operative Trennung möglich. Siamesische Zwillinge entstehen wie eineiige Zwillinge, jedoch erfolgt nur eine unvollständige Trennung, das heißt, die beiden Zellkugeln bleiben an einer Stelle verbunden und nisten sich so in die Gebärmutterschleimhaut ein. totipotent totus (lat.) = ganz, potens (lat.) = mächtig Stammzellen undifferenzierte Zellen, die sich selbst erneuern können und über großes Ent- wicklungspotenzial verfügen, weshalb sie in der Biomedizin besonders intensiv erforscht werden (Stammzellentherapie) Siamesische Zwillinge Namensgebend sind die Zwillingsbrüder Chang und Eng Bunkes, die 1811 in Siam (Thailand) zur Welt kamen. Sie waren vom Brustbein bis zum Nabel (über ei- nen Lebergewebestrang) miteinander verwachsen 77 Zwillingsbildung; links: eineiig, rechts: zweieiig 78 Stammzellen, Übersicht Blutzellen Nervenzellen Zygote Bindegewebe, Knochen … multipotente (adulte) Stammzellen haben nur noch die Fähigkeit, Zellen eines bestimmten Gewebetyps zu bilden pluripotente embryonale Stammzellen haben die Fähigkeit, sich in alle Zelltypen mit Ausnahme von Plazentazellen differenzieren zu können, dadurch kann sich kein kompletter, lebensfähiger Organismus mehr entwickeln totipotente embryonale Stammzellen haben die Fähigkeit, sich in alle Zelltypen differenzieren zu können, aus jeder ein- zelnen Zelle kann sich ein kompletter, lebensfähiger Organismus entwickeln Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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