Begegnungen mit der Natur 6, Schulbuch
30 Fortpflanzung und Entwicklung Die menschliche Sexualität Versucht man die Sexualität des Menschen klar zu definieren, muss man fest- stellen, dass dies keine einfache Aufgabe ist. Denn sie erfüllt nicht nur allein den Zweck der Weitergabe und Rekombination von Erbmaterial im Rahmen der geschlechtlichen Fortpflanzung. Es gibt viele verschiedene Betrachtungs- weisen und Zugänge – human- und verhaltensbiologische, gesellschaftliche, kulturelle, sozialpsychologische und ganz persönliche. Sexualität dient der Arterhaltung und stärkt die Paarbindung Streng biologisch gesehen wird die Sexualität des Menschen als Vorhanden- sein von zwei verschiedenen biologischen Geschlechtern, die jeweils mit dem anderen zur zygotischen Fortpflanzung ( S. 19) fähig sind, definiert. Die Fort- pflanzung dient auch hier der Arterhaltung. Auch umfasst die Sexualität das geschlechtliche Verhalten (Verhaltensweisen, Empfindungen und Interaktionen von Lebewesen in Bezug auf ihr Geschlecht) zwischen Sexualpartnern. Das Sexualverhalten des Menschen dürfte dabei neben dem Zweck der Fortpflanzung auch zusätzliche wichtige Funktionen erfüllen. Bei sexueller Erregung werden verschiedene Hormone ausgeschüttet, die zu Glücksgefühlen sowie einem Zustand höchster Befriedigung und des Genusses führen. Auch wird die menschliche Sexualität als ein die Partner- schaft festigendes Verhaltenselement betrachtet. Untersuchungen haben zum Beispiel gezeigt, dass das beim Orgasmus ausgeschüttete Hormon Oxytocin ( S. 102) eine bindungsfördernde Wirkung haben dürfte. Sexualität wird von der Gesellschaft und Kultur geprägt Bedeutung, Darstellung, Ausleben und Empfinden von menschlicher Sexualität sind stark von gesellschaftlichen und kulturellen Einflüssen geprägt. Bestimm- te Moralvorstellungen und das Verständnis von Sexualität werden von unse- rem Umfeld beeinflusst und ändern sich teilweise im Laufe der Zeit. Auch die Übertragung bestimmter Rollenbilder und Klischees auf ein bestimmtes Geschlecht sind kulturell und gesellschaftlich beeinflusst. Das Ausbilden sol- cher Geschlechterstereotype kann zu Diskriminierung, Abwertung und letz- tendlich Sexismus führen. Dauer und Intensität einer sexuellen Beziehung kann sehr unterschiedlich sein. Ob man zum Beispiel eine langjährige Partnerschaft, ein Leben im Fami- lienverband gemeinsam mit den Nachkommen oder eine kurze Beziehung bevorzugt, ist individuell verschieden. Auch hier haben sich gesellschaftliche Normen entwickelt, die sich auch über die Zeit hinweg verändern. Während zum Beispiel Monogamie in unserer Gesellschaft meist als erstrebenswerte Form der Paarbindung gesehen wird, wird in anderen Kulturen Polygamie als übliche Form der Paarbindung gelebt. Sexuelle Orientierung ist eine ganz persönliche Angelegenheit Wie du sexuell orientiert bist, ist deine ganz persönliche Angelegenheit. Heterosexualität , Homosexualität oder Bisexualität sind dabei drei von meh- reren verschiedenen sexuellen Ausrichtungen, die das Sexualverhalten und Empfinden prägen können. Leider finden auch heute noch nicht alle Formen der sexuellen Orientierung Akzeptanz und Respekt in der Gesellschaft. So sind Lesben (homosexuelle Frauen) und Schwule (homosexuelle Männer) häufig Diskriminierung ausgesetzt, oft bleibt ihnen das Recht auf Gleichstellung ver- wehrt. Zur gesunden Entwicklung der eigenen Identität ist sexuelle Selbstbestim- mung ganz besonders wichtig, wobei beim Ausleben der eigenen Sexualität ein respektvoller und verantwortungsvoller Umgang miteinander immer oberste Priorität haben muss. bindungsfördernde Wirkung Bei der Geburt sind starke Gebärmutter- kontraktionen mit der Ausschüttung von Oxytocin gekoppelt ( S. 102). Das Hor- mon scheint auch für die starke Bindung der Mutter an das Neugeborene verant- wortlich zu sein, wie vergleichende Tier- versuche belegen. Da es auch beim Or- gasmus zur Oxytocinausschüttung kommt, scheint auch hier eine starke bindungsfördernde Wirkung auf den Menschen gegeben zu sein. Geschlechterstereotype stereos (griech.) = hart, fest; typos (griech.) = Form Sterotype sind bestimmte, feste Vorstel- lungsbilder, die man gegenüber be- stimmten Personengruppen hat. Sie ver- einfachen typisch angenommene Sachverhalte und führen zur Bildung be- stimmter Kategorien, in die Personen- gruppen eingeteilt werden. Das führt oft dazu, dass die Vorstellung nur in gerin- gem Ausmaß mit der Realität überein- stimmt. Bestimmte von der Gesellschaft geprägte Vorstellungen über die charak- teristischen Eigenschaften der Ge- schlechter (Geschlechterstereotype) füh- ren zur Entwicklung eines bestimmten Rollenbilds (zB „die typische Frau hat emotional, einfühlend, sensibel etc. zu sein, während der typische Mann stark, mutig, aktiv etc. sein soll“). Sexismus eine auf das Geschlecht bezogene Dis- kriminierung Monogamie monos (griech.) = einzig; gamos (griech.) = Ehe zwei Menschen führen eine exklusive Partnerschaft miteinander Polygamie polys (griech.) = viel ein Mensch hat mehrere Partnerinnen bzw. -partner Heterosexualität heteros (griech.) = verschieden Menschen des anderen Geschlechts sind von sexuellem Interesse Homosexualität homos (griech.) = gleich Menschen des gleichen Geschlechts sind von sexuellem Interesse Bisexualität bi- (griech.) = zwei Menschen beiderlei Geschlechts sind von sexuellem Interesse Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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