Begegnungen mit der Natur 6, Schulbuch

160 Verhaltensbiologie Aggressives Verhalten verhindert zu hohe Populationsdichten Die Verteidigung des Territoriums gegenüber Artgenossen ist eine „bevölke- rungspolitische Maßnahme der Natur” gegen zu hohe Populationsdichten. Damit wird verhindert, dass die Nahrungsbasis übernutzt wird und es so zur Katastrophe für die ganze Lebensgemeinschaft kommt. Die abgedrängten Tie- re werden zur Eroberung neuer Gebiete gezwungen, wodurch die Verteilung über den gebotenen Lebensraum gefördert wird. Gemeinsam mit der geschlechtlichen Zuchtwahl dient aggressives Verhalten zur Ermittlung der erfolgreichsten und durchsetzungsfähigsten Individuen für die Fortpflanzung. Der Gegner kommt meistens mit dem Leben davon Die meisten Konflikte werden durch Kommentkämpfe ausgetragen. Die unter- legenen Männchen kommen bei den meisten Tierarten in freier Wildbahn mit dem Leben davon. Allerdings kann der ritualisierte Kampf in einen Beschädi- gungskampf übergehen (etwa wenn keiner der Gegner Unterlegenheit zeigt), bei dem alle Mittel eingesetzt werden, um den Konkurrenten zu verletzen (Hörner, Geweihe, Zähne …). Selten, aber doch, wird der Gegner dabei getötet. Raubtiere haben eine angeborene innerartliche Tötungshemmung . Territorium auch Revier genannt Es bezeichnet ein Wohngebiet, das ein Tier oder eine Gruppe von Tieren gegen Artgenossen durch Revierverhalten ver- teidigen; terra (lat.) = Land geschlechtliche Zuchtwahl Weibchen wählen die eindrucksvollsten und vitalsten Männchen zum Partner Kommentkämpfe ritualisierte Kämpfe; sie bestehen aus symbolischen Handlungen, so dass die Gegner keine ernsthaften Verletzungen davontragen Tötungshemmung Das Unterwerfen des unterlegenen Tie- res wirkt sich als instinktgebundene Tö- tungshemmung aus. Bei domestizierten Tieren, zB überzüchteten Hunden, kann es zu Defekten solch arttypischer Ver- haltensprogramme der wilden Stamm- form (zB Wolf) kommen. Die Hemmung entfällt, die vom Unterlegenen dargebo- tene Kehle wird durchbissen. Rangordnung auch Hierarchie; hieros (greich.) = heilig, arche (griech.) = Anfang Imponiergehabe Brüllen, Brusttrommeln (zB Gorillas), Sträuben des Felles bzw. Aufplustern des Gefieders sind Verhaltensweisen, die Tiere zur Einschüchterung eines Gegners und Demonstration von Überlegenheit entwickelt haben. 36 Damhirsche beim Kommentkampf 37 Tötungshemmung bei Wölfen Rangordnungsverhalten regelt die „Rechte“ und „Pflichten“ innerhalb einer Gruppe Schimpansen leben gesellig in Gruppen bis zu 50 Tieren. Innerhalb der Gruppe stellt sich eine geschlechtsgebundene Rangordnung ein: Das durchsetzungskräftigste männliche Tier nimmt den höchsten sozialen Rang ein. Danach folgen die anderen Männchen, wobei das jeweils ranghöhe- re über das rangniedere dominiert. Bei den Weibchen sind Alter und Persön- lichkeit entscheidend für die Rangstellung. Die ranghöchsten Männchen verteidigen die Gruppe gegen Angriffe von außen (Raubtiere, rivalisierende Gruppen von Artgenossen), dafür haben sie die Vorrechte bei der Nahrungsaufnahme, bei der Paarung und bei der Wahl des Schlafplatzes. Bewährt sich ein Anführer in einer bedrohlichen Situation nicht, verliert er einen Teil seiner Autorität. Die Spitzenposition ist daher risiko- reich und nicht abgesichert. Rangordnung dient auch der Konfliktvermeidung Rangordnung ist aber auch ein Mittel der Konfliktvermeidung zwischen den Gruppenmitgliedern – jeder hat seinen anerkannten Platz und respektiert die sich daraus ergebenden Spielregeln des Zusammenlebens. Die Rangposition innerhalb der Gruppe wird jedoch immer wieder in Frage gestellt und bedarf daher von Zeit zu Zeit der Bestätigung – ein Grund für Imponiergehabe (Zwei- ge schütteln, in den Bäumen wild hin und her springen und schwingen, auf andere hinschlagen, brüllen etc.) und Drohen (zB durch Zeigen der Zähne oder durch das Ausstoßen von Drohlauten). 38 Schimpansen leben gesellig. 39 Imponiergehabe eines Schimpansen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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