Begegnungen mit der Natur 6, Schulbuch
149 Verhaltensweisen von Tier und Mensch M Arbeitsheft Seite 30, 31 Geschichte der Ethologie Man kann davon ausgehen, dass bereits die Menschen in der Urzeit Tiere genau beobachten und ihr Verhalten präzise analysieren mussten, wenn sie sie jagen oder sich vor gefährlichen Tieren schützen wollten. Die ersten sicheren Hinweise zur Erforschung des Verhaltens der Tiere gibt es seit dem Altertum. Aristoteles erörterte zum Beispiel in seinem Werk Historia animalium , dass es wichtig zu klären sei, ob das Verhalten durch innere Antrie- be gesteuert wird. Konrad Lorenz legte als Kind den Grundstein für die vergleichende Verhal- tensforschung Einer der Gründerväter der Ethologie war der österreichische Zoologe Konrad Lorenz , der bereits als Kind besonderes Interesse am Verhalten der Tiere zeig- te. Er verbrachte viel Zeit mit Tierbeobachtungen im Auengebiet rund um sein Zuhause in Altenberg, nahe Greifenstein an der Donau (NÖ). Angeregt von Selma Lagerlöfs Roman „Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen” träumte er von einem Leben als Wildgans. Besonders interessiert war er deshalb auch an der Entwicklung junger Enten. Im benachbarten Bauernhof hatte er Gelegenheit, beim Ausschlüpfen der Jun- gen dabei zu sein. Schon im Ei hörte er den Ruf nach der Mutter und versuch- te selbst auch mit den Enten im Ei zu kommunizieren. Als die Kücken schlüpf- ten, beschloss er, eines der Entenkücken selbst aufzuziehen. Bereits während der ersten Tage der Aufzucht bemerkte er, dass ihm die junge Ente – egal wohin er ging – überall hin folgte ( Nachlaufprägung , S. 156). Die kleine Ente zog fortan den aufrechten Zweibeiner jeder richtigen Entenmutter vor. Auch beobachtete Konrad Lorenz, dass eine zweite Ente, die von seiner Spielgefährtin und späteren Ehefrau Gretl aufgezogen wurde (allerdings erst einige Tage nach dem Schlüpfen von ihr aufgenommen wurde), im Unter- schied zu seiner Ente nicht auf Menschen geprägt war. Konrad Lorenz machte damit bereits als Kind eine wichtige Entdeckung: Die Elternprägung, also das Erlernen des Elternbildes, muss am ersten Tag des Schlüpfens erfolgen. Durch genaues Beobachten und Schlüsseziehen konnte Konrad Lorenz das gesamte Ausdrucksrepertoire der heranwachsenden Ente studieren und inter- pretieren – damit legte er den Grundstein für eine neue Wissenschaft. 2 Prähistorische Höhlenmalerei (Südalgerien) 3 Aristoteles, Statue 4 Konrad Lorenz in jüngeren Jahren mit nachlaufenden Entenkücken 5 Konrad Lorenz Aristoteles griechischer Philosoph (384–322 v. Chr.) Konrad Lorenz (1903–1989) erhielt 1973 gemeinsam mit Nikolaas Tinbergen ( S. 150) und Karl von Frisch ( S. 150) den Nobelpreis für ihre Entdeckungen zur Organisation und Auslösung von individuellen und sozia- len Verhaltensmustern Nachlaufprägung Die Prägung ist ein Lernvorgang, der nur während der so genannten sensiblen Phase (kurzer, genetisch festgelegter Zeitabschnitt) erfolgen kann ( S. 156). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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