Begegnungen mit der Natur 6, Schulbuch
128 Ökosysteme M Arbeitsheft Seite 24, 25, 26 Nahrungskonkurrenz kann zur Ausrottung führen Tierarten, die identische ökologische Ansprüche stellen, schließen einander aus. Sie treten in Konkurrenz − die konkurrenzstärkere behauptet sich. Die konkurrenzschwächere Art wird abgedrängt oder stirbt aus ( Konkurrenz- ausschlussprinzip ). Konkurrenz zwischen zwei Arten mit gleichen Ansprüchen lässt sich häufig bei der Einschleppung fremder Arten in einen Lebensraum beobachten, wie zB bei der Einbürgerung des Nordamerikanischen Grauhörnchens in England ( Faunenverfälschung ). Es kam zu Konkurrenzkämpfen um die Territorien mit dem Europäischen Eichhörnchen, aus denen das Grauhörnchen als Sieger her- vorging − das Europäische Eichhörnchen ist in England nahezu ausgestorben. Konkurrenzausschlussprinzip Der Begriff wurde im 20. Jahrhundert von dem russischen Biologen Georgij Franzewitsch Gause (1910–1986) geprägt. Faunenverfälschung Ein weiteres Beispiel ist der Dingo, der vor einigen tausend Jahren mit Einwan- derern nach Australien kam und dort verwilderte. Er rottete keines der Beute- tiere aus, von denen er lebte, wohl aber die beiden großen Beutelraubtiere, den Beutelwolf und den Beutelteufel, die dasselbe Nahrungsspektrum wie er auf- wiesen. Diese mit sehr starkem Gebiss ausgestatteten Beuteltiere wären im Kampf dem Dingo um ein Vielfaches überlegen, aber mit ihrem primitiveren Gehirn benötigten sie eine größere Be- völkerungsdichte der Beutetiere als der klügere Wildhund. Fazit: Sie wurden von diesem nicht totgebissen, sondern „tot- konkurrenziert“ und verhungerten. Vito Volterra (1860–1940), italienischer Physiker und Mathematiker Generalisten haben ein breit gefächertes Nahrungs- spektrum Spezialisten haben ein eng gefächertes Nahrungs- spektrum Beutegreifer und Beute regulieren einander Die Zahl der Beutetiere in einem Ökosystem hängt von der Zahl der Räuber ab und umgekehrt. Im Jahr 1931 stellte Vito Volterra dazu drei Regeln auf. Die ers- te und die zweite lassen sich so zusammenfassen, dass unter gleichbleiben- den Umweltbedingungen die Größe der Populationen von Räuber und Beute periodisch und zeitversetzt schwanken, die Populationen langfristig bei unver- änderten Umweltbedingungen im Durchschnitt aber stabil bleiben ( Abb. 13). Betrachtet man die Räuber-Beute-Beziehung zwischen Fuchs und Kaninchen, bedeutet das, dass es in kaninchenreichen Jahren ausreichend Nahrung für die Füchse gibt, was sich positiv auf ihre Fortpflanzung auswirkt – es können mehr Füchse großgezogen werden, wodurch auch die Fuchspopulation etwas zeitversetzt größer wird. Mehr Füchse fressen jedoch mehr Kaninchen, was zu einer Dezimierung der Kaninchenpopulation und in der Folge der Fuchspo- pulation führt usw. Werden Beutegreifer und Beutetiere gleichzeitig stark dezimiert, erholt sich die Beutepopulation aufgrund fehlender Fressfeinde und innerartlicher Kon- kurrenz schneller (3. Volterra-Regel; Abb. 14). Die Volterra-Regeln sind nicht uneingeschränkt gültig, da sie einige Dinge nicht berücksichtigen. So wird beispielsweise die Populationsgröße niemals nur durch einen Faktor bestimmt. Beutepopulationen schwanken auch ohne Beutegreifer (zB durch Nahrungsangebot und innerartliche Konkurrenz), wäh- rend die Räuberpopulation sehr wohl von der Beutepopulation abhängt. Zudem muss man bei den Räubern beachten, ob sie Generalisten oder Spezia- listen sind (zB fressen Füchse nicht nur Hasen). Unter Berücksichtigung dieser Punkte sind die Volterra-Regeln jedoch hilfreich für das Verständnis von Räuber-Beute-Beziehungen. 11 Europäisches Eichhörnchen 12 Nordamerikanisches Grauhörnchen 13 Schema zur 1. und 2. Volterra-Regel 14 Schema zur 3. Volterra-Regel Das Verständnis für die Zusammenhänge in Räuber-Beute-Beziehungen ist ua. in der Schädlingsbekämpfung wichtig. Erörtere mögliche Konsequenzen, wenn durch Schädlingsbekämpfungsmittel Schädlinge und Fressfeinde (zB Blatt- läuse und Marienkäfer) gleichzeitig dezimiert werden. Leite daraus Empfehlungen für eine ökologisch sinnvolle Bekämpfung von Blattläusen ab. Selbst aktiv! Zeit Populationsgröße Beutepopulation Räuberpopulation Mittelwerte Zeit Populationsgröße Eingriff Beutepopulation Räuberpopulation Mittelwerte Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlag öbv
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