Begegnungen mit der Natur 5, Schulbuch
77 Biotechnologie in der Nahrungsmittelproduktion Gentechnik in der Nahrungsmittelproduktion Seit den Siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts spielt die Gentechnik eine zunehmende Rolle in der Biotechnologie. 1973 gelang es den amerikanischen Biochemikern Herbert Boyer (geb. 1936) und Stanley Cohen (geb. 1922) Gene, die für die Antibiotikaresistenz bestimmter Bakterien verantwortlich waren, zu isolieren und in das Erbmaterial von Escherichia coli ( S. 54) einzuschleu- sen. In der Folge war auch E. coli gegen Antibiotika resistent. Damit war der Grundbaustein für das gezielte „Umprogrammieren“ des Erb- materials (Genmanipulation) von Mikroorganismen zu Produktionszwecken gelegt. Heute werden bereits viele gentechnisch veränderte Organismen u. a. auch in der Nahrungsmittelproduktion eingesetzt. So ist es zum Beispiel gelungen, aus Kälbermagenzellen das für die Produktion von Chymosin verantwortliche Gen zu isolieren und in das Erbmaterial von Mikroorganismen (hauptsächlich Hefen oder Schimmelpilzen) einzuschleusen. Diese erzeugen in der Folge Chy- mosin. Gentechnik − Chance und Risiko Im Hinblick auf die steigende Weltbevölkerung könnte der Einsatz gentech- nisch veränderter Organismen zur Nahrungsmittelproduktion besonders in den von Hunger bedrohten Weltregionen der Ernährungssicherheit dienen. Beispielsweise haben zwei deutsche Wissenschafter Ende des zwanzigsten Jahrhunderts mit Hilfe gentechnischer Verfahren „Golden Rice“ entwickelt. Der goldgelbfarbene, stark Provitamin A haltige Reis soll helfen, einem weltweit verbreiteten Ernährungsproblem, dem Vitamin-A-Mangel , entgegenzuwirken. Derzeit befindet sich der umstrittene Einsatz der gentechnisch veränderten Reissorte noch in der Testphase. Neben den großen Chancen, die die Gentechnik bietet und dem Profit, den sich einige Konzerne damit erhoffen, darf man allerdings nicht die damit ver- bundenen Risiken übersehen. Kann der Verzehr gentechnisch veränderter Lebensmittel die Gesundheit des Menschen beeinträchtigen? Welche Auswir- kungen haben gentechnisch veränderte Organismen auf unsere Umwelt? Wie wirken sich gentechnische Veränderungen auf die Gesundheit von Tieren aus? Die Problematik ist groß und immer wieder werden neue Fragen aufgeworfen, die keinesfalls außer Acht gelassen werden dürfen. Gentechnik ist der Sammelbegriff für verschiedene molekularbiologische Techniken, die sich mit der Isolierung, Charakterisierung, Vermehrung und Neukombination sowie dem Ausschalten von Erbanlagen (Genen) auch über Artgrenzen hinweg beschäftigen. Antibiotikaresistenz Widerstandsfähigkeit gegen bestimmte Antibiotika Chymosin ist ein Labenzym ( S. 72), das die Gerin nung von Milcheiweiß bewirkt. Provitamin A ist auch unter dem Namen Carotin be kannt. Bei den meisten Säugetieren (auch beim Menschen) wird aus dem mit der Nahrung aufgenommenen Carotin Vitamin A aufgebaut. Vitamin-A-Mangel Vitamin A ist u. a. für die Produktion des für das Sehen wichtigen Sehpurpurs not wendig. Ein Mangel an Vitamin A führt deshalb zu Sehproblemen bis hin zur Erblindung. Die meisten Betroffenen (hauptsächlich Kinder) leben in Asien. 24 Gentechnisch veränderte Hefezellen produzieren Chymosin Chymosin-Gen wird mit Hilfe der Bakterien-DNA in das Erbgut der Hefezellen eingeschleust, die in der Folge Chymosin produzieren Chymosin-Gen wird in Bakterien- DNA eingesetzt Zellen aus der Darmwand Kopie des Chymosin-Gens Kalb 25 Golden Rice – eine gentechnisch hergestellte Reissorte Informiere dich im Internet über die gesetzlichen Bestimmungen zum Verkauf gentechnisch ver änderter Lebensmittel in Öster- reich. Bewerte: Wie wichtig sind strenge Kontrollen und Richt- linien? Diskutiert im Klassen verband. Selbst aktiv! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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