Begegnungen mit der Natur 5, Schulbuch
32 Zellbiologie M Arbeitsheft Seite 12–14 Von der Einzelligkeit zur Vielzelligkeit Vor mehr als 3,8 Milliarden Jahren traten die ersten Organismen auf. Es waren Bakterien, also Prokaryonten , über die du im Kapitel Mikrobiologie ( S. 52) noch Genaueres erfahren wirst. Im Laufe der Evolution gelang es ihnen, eine große Vielfalt, sowohl in der Erscheinungsform als auch in ihrer Lebensweise, zu entwickeln. Einer der Gründe dafür ist ihre Fähigkeit, sich sogar extremsten Lebensbedingungen anpassen zu können. Vermutlich entstanden auch vor mehr als zwei Milliarden Jahren aus den Pro- karyonten die ersten einzelligen Eukaryonten . Eine dazu aufgestellte Theorie besagt, dass größere Bakterien kleinere phagocytierten und verdauten. Hin und wieder gelang es den dabei aufgenommenen Bakterien, im Inneren der Zelle zu überleben. Laut Theorie entwickelten sich aus diesen Prokaryonten Zellorganellen wie Mitochondrien und Chloroplasten. Der Zellkern bildete sich vermutlich durch Einstülpung der Zellmembran, die das genetische Material einschloss. Auch die einzelligen Eukaryonten schafften es, bis heute die verschiedensten Lebensräume in einem großen Artenreichtum zu besiedeln. Mehrzelliges Leben gibt es seit ca. 1,5 Milliarden Jahren Aufgrund von Fossilienfunden weiß man, dass die ersten mehrzelligen Lebe- wesen vor etwa 1,5 Milliarden Jahren lebten. Die Entwicklung vom Ein- zum Vielzeller lässt sich sehr gut innerhalb der Grünalgen beobachten ( Abb. 36): Chlamydomonas ist ein einzelliger Geißelträger. Bei Gonium bilden vier bis sechzehn, bei Eudorina insgesamt 32 einzelne Zel- len, die gleich organisiert sind, eine Kolonie . Die durch Schleim zusammen gehaltenen Zellen behalten ihre Eigenständigkeit, auch wenn sie bei Eudorina durch feine Plasmafäden in Verbindung stehen. Möglicherweise erfolgt über sie eine Koordination der Bewegung der nach außen gerichteten Geißeln. Bei der Kugelalge Volvox sind bis zu 20 000 begeißelte Einzelzellen, die durch Plasmafäden in Verbindung stehen, in der Wand einer mit Schleim ausgefüll- ten Kugel zusammengelagert. Durch gemeinsamen Geißelschlag aller Zellen bewegt sich die Kugelalge im Wasser vorwärts. Anders als bei Gonium und Eudorina gibt es bei Volvox eine Zelldifferenzierung und eine damit verbundene Arbeitsteilung . Volvox stellt dadurch eine hoch- organisierte Kolonie, die unmittelbare Vorstufe zum Vielzeller, dar. Im Laufe der Zeit entstanden durch Spezialisierung der Zellen auf bestimmte Aufgaben (zB Wahrnehmung von Licht, Ernährung, Fortpflanzung) und eine Verbindung der Zellen über Plasmabrücken höher organisierte Zellkolonien. Weitere Zelldifferenzierung führte allmählich zum Auftreten der ersten Viel- zeller. Prokaryonten Bakterien und Archaea (Urbakterien); einzellige Lebewesen, die keinen Zell kern besitzen, das Erbmaterial (ein ring förmiges DNAMolekül) liegt frei im Zell plasma. Bakterien sind heute die häufigsten Lebewesen auf der Erde. pro (griech.) = vor; karyon (griech.) = Kern Eukaryonten Tiere, Pflanzen, Pilze und Protisten ( auch Kapitel Mikrobiologie, S. 52 ff.) eu (griech.) = gut, wohl phagocytieren feste Nahrungspartikel in den Zellleib aufnehmen phagein (griech.) = essen, cytos (griech.) = Zelle Fossilienfunde Fossilien sind Überreste und Abdrücke von Lebewesen, die in früheren Epochen der Erdgeschichte gelebt haben. fossilis (lat.) = ausgegraben Kolonie Gruppe von Individuen, die zeitweilig oder dauernd auf engem Raum zusam menlebt. Arbeitsteilung Der Großteil der Zellen von Volvox hat seine Teilungsfähigkeit verloren. Als Kör perzellen erfüllen sie alle Aufgaben, die der Aufrechterhaltung der Lebensvor gänge dienen. Die Zellen, die ihre Tei lungsfähigkeit erhalten haben, sind für die Fortpflanzung zuständig. Volvox kann sich, wie viele Algen, sowohl unge schlechtlich als auch geschlechtlich fort pflanzen. Auf die genauen Abläufe soll hier nicht näher eingegangen werden. Zelldifferenzierung Spezialisierung der Zellen auf bestimm te Aufgaben differre (lat.) = sich unterscheiden 36 Vom Ein zum Vielzeller; A Chlamydomonas; B Gonium, plattenförmige Koloniebildung innerhalb einer Gallerthülle; C Eudorina, Koloniebildung an der Oberfläche einer kugelförmigen Gallerthülle; D Volvox, vielzelliges Individuum (Fotografie und Ausschnitt) A C B D Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv
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