44 Hinweise zu Methodik/Didaktik: Die Durchführung eines Oral-History-Projekts mit einer Schulklasse kann im Bereich der historischen Orientierungskompetenz (Gegenwartsbezüge herstellen, Verständnis für vergangene Ereignisse aus der Sicht der Gegenwart entwickeln) und der historischen Fragekompetenz (Fragen an die Vergangenheit formulieren, Geschichtsdarstellungen hinterfragen) gesehen werden. Informationen zu den Seiten 118 und 119: Zum Inhalt: Der Euphorie nach dem so genannten Fall der Berliner Mauer folgten bald Schritte in die Realität. Am 1. Juli 1990 wurde in der DDR die Deutsche Mark eingeführt und löste damit die Mark der DDR ab. Der Umtauschkurs bei der Einführung der D-Mark in der DDR betrug eins zu zwei, dies bedeutete, dass die Bürgerinnen und Bürger für zwei DDR-Mark eine D-Mark erhielten. Pensionen, Löhne und Mieten der DDR-Bürgerinnen und -Bürger wurden aber eins zu eins umgestellt. Dies stieß in Westdeutschland nicht auf große Zustimmung. Die DDR gab die Planwirtschaft auf und übernahm die Marktwirtschaft des Westens. Die Zusammenführung dieser zwei so unterschiedlichen Wirtschaftssysteme führte zu einigen Schwierigkeiten. Von vielen Kritikerinnen und Kritikern wird die schnelle wirtschaftliche Angleichung der DDR an westdeutsche Verhältnisse als übereilt und falsch angesehen, denn sie brachte nicht nur für den Westen, sondern auch für die Wirtschaft und die Menschen in der ehemaligen DDR große Probleme mit sich. Die weniger produktiven Firmen hatten kaum Chancen, im Konkurrenzkampf gegen die Nachbarländer Tschechien und Polen zu bestehen, vor allem, weil es zu einer schnellen Anpassung der Arbeitslöhne an das Niveau des Westens kam. Firmen aus Westdeutschland übernahmen oftmals ihre Konkurrenz aus dem Osten und lösten viele der ostdeutschen Unternehmen auf. Während Ostdeutschland auf dem Markt in Osteuropa nicht mehr konkurrenzfähig war, machte der Westen dort nach der Wiedervereinigung immer höhere Umsätze. Hinweise zu Methodik/Didaktik: In Kleingruppen können die Vorteile und Nachteile der beiden Wirtschaftssysteme diskutiert werden. Informationen zu den Seiten 120 und 121: Zum Inhalt: Ab 2015 war ein starker Anstieg ein- und durchreisender Flüchtlinge und Migrantinnen und Migranten in oder durch viele Staaten Europas zu verzeichnen. Diese so genannte „Flüchtlingskrise“ hatte gesamtgesellschaftliche Folgen. Die Zunahme der Flüchtlingsströme wurde in Europa als Krise eingestuft, seit sich die Zahl der Asylwerberinnen und Asylwerber 2014 auf rund 627.000 erhöhte und 2015 auf über 1,3 Mio. fast verdoppelte. Sie lag 2016 nochmals bei 1,26 Mio. und ging infolge der Schließung der Balkanroute, des EU-Türkei-Abkommens vom 18. März 2016 und weiterer Maßnahmen 2017 auf rund 650.000 zurück. Die anfängliche starke Zunahme deckte verschiedene Mängel des bestehenden Asylsystems der EU auf. Im Krisenverlauf missachteten einige EU-Staaten zentrale Vereinbarungen, die aus dem Schengener Abkommen von 1985 und dem Dubliner Übereinkommen von 1990 hervorgegangen waren. Sie verweigerten sich einer gerechten Verteilung der Flüchtlinge. Das stellte die Tragfähigkeit der EU-Verträge, die Integrationskraft der EU und das Solidaritätsprinzip in ihr in Frage. In der Folge werden die Asylpolitik der Europäischen Union, die europäische Migrationspolitik sowie die jeweilige nationale Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik öffentlich debattiert. Als Bestandteil der Krise gilt auch das Erstarken nationalkonservativer, nationalistischer und rassistischer Kräfte in vielen EU-Staaten. Derzeit gibt es Österreich ungefähr 20.000 offene Asylverfahren, die oft mehrere Jahre dauern. Die meisten Asylanträge stammen von Menschen aus dem Kosovo, Tschetschenien und Afghanistan. Asylwerberinnen und Asylwerber erhalten in Österreich die so genannte Grundversorgung, haben aber keinen Anspruch auf Mindestsicherung, Familienbeihilfe oder Kinderbeihilfe. Asylsuchende, die in Unterkünften mit Verpflegung untergebracht sind, erhalten eine Art Taschengeld. Es ist für Asylsuchende kaum möglich, eine Arbeitsbewilligung zu erhalten. Sie dürfen zwar nach drei Monaten arbeiten, der Arbeitsmarkt ist aber sehr eingeschränkt (gemeinnützige Arbeiten, die gering bezahlt werden). Minderjährige Asylsuchende dürfen in Österreich in einigen Lehrberufen eine Lehre beginnen, sollte ihr Asylantrag allerdings abgelehnt werden, müssen sie die Lehre abbrechen und das Land verlassen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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