Zeitbilder 2, Begleitband für Lehrerinnen und Lehrer

37 Informationen zu den Seiten 88 und 89: Im Kapitel „Wie die Bauern leben und arbeiten“ wird die gesellschaftliche Stellung der Bauern im Mittelalter beleuchtet. Zum Inhalt: Der Anteil der bäuerlichen Bevölkerung betrug während des gesamten Mittelalters mit nur unwesentlichen Schwankungen etwa 90 Prozent. Die Bauern gehörten zum dritten Stand, der die Basis für den Reichtum des ersten und zweiten Standes, Klerus und Adel, erarbeitete und für die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln sorgte. Obwohl die Bauern diese gesellschaftlich wichtige Aufgabe erfüllten, war ihr Ansehen niedrig. Dieses Faktum beruhte auch auf der geringen Wertschätzung, die der körperlichen Arbeit entgegengebracht wurde. Die Rechte der Bauern hingen weitgehend davon ab, welchen Status sie innerhalb ihres Standes innehatten. So gab es die freien, die halbfreien und die unfreien Bauern. Für Halbfreie und Unfreie bedeutete das Rechts- und Wirtschaftssystem der Grundherrschaft, dass sie sowohl wirtschaftlich als auch rechtlich und sozial von ihren Grundherren abhängig waren. Zu den umstrittensten Rechten der Grundherren gehörte das sogenannte ius primae noctis, das Recht der ersten Nacht, was bedeutet, dass der Grundherr das Recht hatte, die erste Nacht nach der Hochzeit von Leibeigenen mit der Braut zu verbringen. Erstmalig wurde darüber um 1250 in einem französischen Gedicht über die Bauern berichtet. Es ist von der Quellenlage her umstritten, ob dieses Recht häufig zur Anwendung kam und wieweit romanhaft darüber berichtet wurde. Hinweise zu Methodik/Didaktik: Es bietet sich an, die gesellschaftliche Stellung der Bauern im Mittelalter mit dem Stellenwert der bäuerlichen Bevölkerung in der Gegenwart zu vergleichen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten. Informationen zu den Seiten 90 bis 93: Die Städte im Mittelalter beherbergten die unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen. Zum Inhalt: Die Stadt unterschied sich von ihrem Umland optisch vor allem dadurch, dass sie zumeist von Befestigungsmauern, Wällen oder Wassergräben umgeben war, die ihre Feinde daran hindern sollten, sie anzugreifen. Für ihre Bewohner/innen hatte die Stadt in Bezug auf das Bedürfnis nach Sicherheit von Leib und Leben deshalb den gleichen Stellenwert wie die mittelalterliche Burg. Aus dieser Analogie bildete sich der Begriff „Bürger“, der ursprünglich nichts anderes bezeichnete als den Bewohner einer Burg. Die Bürgerschaft setzte sich aus freien Bürgern zusammen, die nicht dem Adel angehörten, wodurch sich eine gewisse soziale Homogenität entwickelte. Diese verlief allerdings innerhalb enger Grenzen, da sie von unterschiedlichen Besitzständen geprägt war. Der Besitz war jedoch an die persönliche Leistung gekoppelt und nicht allein durch den unbeeinflussbaren Faktor der Geburt in einem hohen Stand determiniert, sodass der Bürger seinen Status zum Teil selbst erarbeiten konnte. Natürlich bildeten sich auch in der mittelalterlichen Stadt Hierarchien aus, allerdings waren diese weitaus durchlässiger für soziale Auf- und Abstiege als innerhalb der feudalen Adelsgesellschaft. Obwohl das Leben in der Stadt weniger hierarchisch geprägt war als auf dem Lande, wie es sich dort beispielsweise im Verhältnis des Grundherrn zum Bauern zeigte, existierte auch in der Stadt eine soziale Schichtung. So gab es etwa Berufe, die aufgrund ihrer Tätigkeitsmerkmale weniger Ansehen genossen als andere. Dazu zählten alle Berufe, deren Ausübung große körperliche Anstrengung gepaart mit hoher Schmutzentwicklung bedeutete. Zu diesen Berufsgruppen gehörten beispielsweise die Abdecker oder Köhler. Das höchste Prestige wurde den Kaufleuten zugewiesen, denn mit dem Handel von Produkten konnten die höchsten Gewinne erzielt werden, sodass sie häufig über recht beträchtliche Vermögen verfügten. Handwerker verschiedener Gewerbe waren ebenfalls angesehene Bürger. Sie organisierten sich zumeist in Zünften und konnten – wenn sie Angestellte beschäftigten – ebenfalls zu einigem Wohlstand kommen. Daneben gab es jedoch auch die einfachen Angestellten und Arbeiter, deren Sicherung des Lebensunterhalts sich deutlich beschwerlicher gestaltete. Dazu zählten die vielen Tagelöhner, die ihre Arbeitskraft unter dem Gesetz von Angebot und Nachfrage anboten. Ihre Arbeitsbedingungen führten sie oft in existenzielle Krisen. So fehlte dieser Gruppe manchmal selbst das Geld für die nächste Mahlzeit. Noch unterhalb der Tagelöhner waren die Menschen angesiedelt, die die Soziologie als unterständische Figurationen bezeichnet. Sie waren Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv

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