Zeitbilder 4, Arbeitsheft
17 Zu den Schulbuchseiten 38 bis 41 Gemeinsam mit anderen Jüdinnen und Juden hielt sich die Familie Frank über zwei Jahre in Amsterdam versteckt. Das Tagebuch von Anne Frank erzählt darüber. Anne schrieb darin alles auf, was sie im Versteck erlebte und was sie berührte – ihre Ängste, Hoffnungen, Sorgen. Das Tagebuch der Anne Frank ist ein Dokument dafür, was Verfolgung und Krieg für jüdische Kinder und Jugendliche bedeuteten. Das Tagebuch der Anne Frank Freitag, 9. Oktober 1942 Liebe Kitty! Nichts als traurige und deprimierende Nachrichten habe ich heute. Unsere jüdischen Bekannten werden gleich gruppenweise festgenommen. Die Gestapo geht nicht im Gering- sten zart mit diesen Menschen um. Sie werden in Viehwagen nach Westerbork gebracht, dem gro- ßen Judenlager in Drente. Miep hat von jemandem erzählt, der aus Westerbork geflohen ist. Es muss dort schrecklich sein. Die Menschen bekommen fast nichts zu essen, geschweige denn zu trinken. Sie haben nur eine Stunde pro Tag Wasser und ein Klo und ein Waschbecken für ein paar tausend Menschen. Schlafen tun sie alle durcheinander, Männer und Frauen, und die letzteren und Kinder bekommen oft die Haare abgeschoren. Fliehen ist fast unmöglich. Die Menschen sind gebrandmarkt durch ihre kahl geschorenen Köpfe und viele auch durch ihr jüdisches Aussehen. Wenn es in Holland schon so schlimm ist, wie muss es dann erst in Polen sein? Wir nehmen an, dass die meisten Menschen ermordet werden. Der eng- lische Sender spricht von Vergasungen, vielleicht ist das noch die schnellste Methode zu sterben. Ich bin völlig durcheinander. Miep erzählt all diese Gräuelgeschichten so ergreifend und ist selbst ganz aufgeregt dabei. Erst neulich saß zum Beispiel eine alte, lahme jüdische Frau vor ihrer Tür und mus- ste auf die Gestapo warten, die weggegangen war, um ein Auto zu holen, um sie abzutransportieren. Die arme Alte hatte solche Angst vor der Schieße- rei auf die englischen Flugzeuge und auch vor den grellen, flitzenden Scheinwerfern. Trotzdem wagte Miep nicht, sie ins Haus zu holen, das würde nie- mand tun. Die Herren Deutschen sind nicht zim- perlich mit ihren Strafen. Auch Bep ist still. Ihr Freund muss nach Deutsch- land. Sie hat jedes Mal Angst, wenn die Flugzeuge über unsere Häuser fliegen, dass sie ihre Bomben- last von oft einer Million Kilo auf Bertus’ Kopf fallen lassen. Witze wie: „Eine Million wird er wohl nicht bekommen“ und „Eine einzige Bombe ist schon genug“ finde ich nicht gerade angebracht. Bertus ist nicht der einzige, der gehen muss, jeden Tag fahren Züge voll mit jungen Menschen weg. Man- chen gelingt es, heimlich auszusteigen, wenn sie auf einem kleinen Bahnhof halten, und dann un- terzutauchen. Einem kleinen Prozentsatz gelingt das vielleicht. Ich bin noch nicht fertig mit meinem Trauergesang. Hast du schon mal was von Geiseln gehört? Das führen sie nun als neueste Strafmetho- de für Sabotage ein. Etwas Schrecklicheres kann man sich nicht vorstellen. Angesehene, unschul- dige Bürger werden verhaftet und warten auf ihre Ermordung. Wird irgendwo sabotiert und der Täter nicht gefunden, stellt die Gestapo seelenruhig so fünf Geiseln an die Wand. Oft stehen die Todes- meldungen in der Zeitung. Ein „schicksalhaftes Unglück“ wird dieses Verbrechen dann genannt. Ein schönes Volk, die Deutschen, und da gehöre ich eigentlich auch noch dazu! Aber nein, Hitler hat uns längst staatenlos gemacht. Und im Übrigen gibt es keine größere Feindschaft auf dieser Welt als zwischen Deutschen und Juden. Deine Anne (In: Anne Frank, Tagebuch. Fassung von O.H. Frank und M. Pressler, 1995) Fasse die Ereignisse, von denen Anne Frank in diesem Tagebuch-Ausschnitt berichtet, in eigenen Worten zusammen. Unterstreiche die Stellen, an denen die Gefühle Annes erkennbar werden, die durch die schrecklichen Nachrichten ausgelöst werden. Arbeite Annes Haltung den Deutschen gegenüber heraus. Markiere die entsprechen- den Textstellen. Arbeite nach M1 Modul 5 –Holocaust/Shoah, Genozid und Menschenrechte Nur zu Prüfzweck n – Eigentum des Verlag öbv
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