Zeitbilder 3, Arbeitsheft

13 Zu den Schulbuchseiten 18 bis 21 Marie Antoinette, eine Tochter Maria Theresias, wurde mit fünfzehn Jahren an den französischen Thronfolger verheiratet. Als ihr Mann, Ludwig XVI., den französischen Thron bestieg, wurde sie Königin. Sie lebte mit ihrem Mann und der adeligen Hofgesellschaft im Schloss Versailles. Für Politik interessierte sie sich kaum. Auch die Not des französischen Volkes, Hunger und Elend ihrer Untertanen kümmerten sie wenig. Sie hatte hauptsächlich ihr Vergnügen im Sinn. Als 1789 die Französische Revolution ausbrach, musste auch Marie Antoinette für ihr egoistisches Verhalten büßen: Sie wurde 1793 hingerichtet. Der Schriftsteller Stefan Zweig verfasste einen Roman über sie. Marie Antoinette: Ich habe Angst, mich zu langweilen Was ist die erste Sorge Königin Marie Antoinettes, wenn sie morgens in ih- rem Schloss von Versailles erwacht? Die Berichte aus der Stadt, aus dem Staat? Die Briefe der Gesandten, ob die Armeen gesiegt haben, ob man den Krieg an England erklärt? Kei- neswegs. Marie Antoinette ist wie gewöhnlich erst um vier oder um fünf Uhr morgens von einer Ver- gnügung heimgekehrt. Sie hat nur wenige Stunden geschlafen. Jetzt beginnt für sie die wichtigste Ent- scheidung des Tages: Welche Kleider soll sie heute tragen? Eine schwierige Wahl, denn für jede Saison sind zwölf neue Staatskleider, zwölf Fantasieklei- der, zwölf Zeremonienkleider vorgeschrieben. Ganz zu schweigen von den hundert anderen, die jährlich neu angeschafft werden! Kein Wunder, dass die kö- nigliche Schneiderin mehr Macht über Marie Anto- inette bekommt als alle Minister zusammen. Nach einem Vierteljahr Regierung ist Marie Antoinette schon zur Modepuppe der eleganten Welt aufge- stiegen, zum Modell aller Kostüme und Frisuren. Zweite Sorge an jedem Morgen: die Frisur. In einer Kutsche fährt Marie Antoinettes Friseur jeden Mor- gen von Paris nach Versailles, um mit Kamm, Haar- wässern und Salben die Haare der Königin und der Hofdamen herzurichten. Herr Leonhard, so heißt der Friseur, baut die Haare zu kunstvollen Türmen auf. Manche Frisuren sind über einen halben Meter hoch! Ganze Landschaften mit Früchten, Gärten, Häusern und Schiffenwerden auf demKopf der ade- ligen Damen modelliert. Auch Tagesereignisse wie die Plünderung der Bäckereien von Paris während einer Hungersnot bildet der Friseur auf den Köpfen der Damen nach. Die Haartürme werden schließlich dank künstlicher Unterlagen und Strähnen immer noch höher. In ihren Kutschen müssen die adeligen Damen knien, sonst würden sie mit ihren Frisuren an die Wagendecke stoßen. Die Türrahmen in Ver- sailles werden höher gemacht, damit die Königin und ihre Hofdamen sich beim Durchschreiten nicht zu bücken brauchen. Dritte Sorge: Kann man immer anders angezogen sein ohne den entsprechenden Schmuck? Nein, eine Königin braucht größere Diamanten, dickere Perlen als alle anderen. Sie braucht mehr Ringe und Reifen und Armbänder und Ketten und Edelstei- ne als alle anderen Damen des Hofes. Zwar hat sie schon von Wien reichlich Diamanten mitbekommen und von Ludwig XVI. zur Hochzeit eine ganze Kas- sette mit Familienschmuck. Aber wozu wäre man Königin, wenn man nicht immer noch schönere und kostbarere Edelsteine kaufen könnte? Marie Anto- inette ist vernarrt in Schmuck. Nie kann sie wider- stehen, wenn ihr die Juweliere die neuesten Kunst- werke zeigen. Ohne Rücksicht macht sie Schulden. Im Notfall, das weiß sie, springt ihr Mann ein. (…) Marie Antoinette schert sich auch nicht darum, dass ihr Verhalten ihren guten Ruf beim Volk immer mehr zerstört. Die Vorwürfe und Ermahnungen ih- rer Mutter in Wien lassen Marie Antoinette kalt. Sie antwortet darauf lediglich: „Was will sie? Ich habe Angst, mich zu langweilen.“ (In: Zweig Stefan: Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters. Leipzig 1932, S. 428 f., verein- facht, gekürzt) Ermittle anhand des Romanausschnitts, womit sich Marie Antoinette nach Meinung Stefan Zweigs hauptsächlich beschäftigte. Stelle Vermutungen an, was Maria Theresia ihrer Tochter vorwirft. Recherchiere im Internet mit mindestens zwei Quellen (zB www.habsburger.net/de/personen/ habsburger/marie-antoinette, http://www.geo . de/geolino/mensch/1554-rtkl-weltveraenderer- marie-antoinette) über Kindheit und Erziehung Marie Antoinettes am Wiener Hof, über ihre ersten Jahre in Frankreich, über ihre Zeit als französische Königin in Versailles und über ihr Lebensende in Versailles. Vergleiche die Darstellungen, die du im Internet gefunden hast, mit dem Text von Stefan Zweig. Welche Gemeinsamkeiten, welche Unterschiede kannst du feststellen? Arbeite nach M1+A2 Modul 1 – Verschiedene Aspekte der neuzeitlichen Kulturen Nur zu Prüfzweck n – Eigentum des Verlags öbv

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