Zeitbilder 4, Schulbuch
58 Österreich wird eine Republik Das Ende der Habsburgermonarchie Als sich die Niederlage der Mittelmächte im Ersten Weltkrieg abzeichnete, begann die Auflösung der Donaumonarchie. Im Oktober 1918 erklärten Tschechen, Südslawen und Ungarn ihre Selbstständigkeit. Kaiser Karl I. verzichtete am 11. November 1918 auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften. Schon am nächsten Tag wurde vor dem Parlament vor einer riesigen Menschenmenge die „Republik Deutschösterreich“ feierlich ausgerufen. Der Friedensvertrag – „Österreich ist, was übrigbleibt!“ Der Friedens- vertrag von Saint Germain* 1919 legte die neuen Grenzen Österreichs fest. Viele deutschsprachige Gebiete kamen an andere Nachfolgestaaten der Donaumonarchie: das Sudetenland an die Tschechoslowakische Republik, Südtirol und das Kanaltal an Italien und die Untersteiermark an Jugoslawien. Österreich Alle Parteien erhofften eine Vereinigung mit Deutschland. Denn niemand glaubte, dass das kleine Österreich lebensfähig sei. Weil der Friedensvertrag diese Vereinigung verbot, musste die Bezeichnung „Deutschösterreich“ auf „Österreich“ geändert werden. Kärntner Volksabstimmung Im zweisprachigen Südkärnten plante man eine Volksabstimmung. Im Frühjahr 1919 besetzte Jugoslawien Südkärnten und erhob Anspruch auf die slowenisch besiedelten Gebiete. Doch der Kärntner Abwehrkampf der Bevölkerung war erfolgreich. Die Volksabstimmung am 10. Oktober 1920 ging mit 59 % für Österreich aus. Auch viele Kärntner Sloweninnen und Slowenen hatten für einen Verbleib bei Österreich gestimmt. Burgenland Das überwiegend deutschsprachige Westungarn kam erst 1921 zu Österreich, allerdings ohne Ödenburg (Sopron). Neue Hauptstadt des neuen Bundeslandes Burgenland wurde Eisenstadt. Ist das kleine Österreich lebensfähig? Der Friedensvertrag forderte vom Kleinstaat Österreich, die Verpflichtungen der gesamten Monarchie zu übernehmen: Staatsschulden und Reparationsforderungen* der Sieger- mächte. Das war schwierig: Industriebetriebe und Kohlevorkommen lagen jetzt in der Tschechoslowakei, große Agrargebiete in Ungarn. Die Menschen hungerten, Kohle für Industrie und Verkehr fehlte. Schwarzhandel*, Arbeitslosigkeit und Inflation* nahmen zu. Österreich brauchte die Hilfe des Auslandes. Sozialgesetze Nach dem Ersten Weltkrieg verbesserte die Koalitionsregierung sofort die Lage der Beschäftigten. Neue Sozialgesetze machten aus Österreich einen der fortschrittlichsten Sozialstaaten Europas. Die Inflation verhindert den Wirtschaftsaufschwung Schon während des Krieges wurden Lebensmittel und andere Güter immer knapper und deshalb teurer. Die Löhne wurden nicht im selben Ausmaß erhöht. Der Staat finanzierte seine Ausgaben durch vermehrtes Gelddrucken. Das erhöhte die Inflation. Aus der Verzichtserklärung Kaiser Karls I. Q Seit meiner Thronbestei- gung war Ich unablässig bemüht, Meine Völker aus den Schrecknissen des Krieges herauszuführen, an dessen Ausbruch ich keinerlei Schuld trage. (…) Nach wie vor von unwandelbarer Liebe für alle meine Völker erfüllt, will Ich ihrer freien Entfaltung Meine Person nicht als Hindernis entgegenstellen. Im Voraus erkenne Ich die Entscheidung an, die Deutschösterreich über seine künftige Staatsform trifft. Das Volk hat durch seine Vertreter die Regierung übernommen. Ich verzichte auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften. (Wiener Zeitung, Extraausgabe, 11.11.1918) Analysiere die Textquelle. Erläutere, wie sich Karl selbst darstellt. Arbeite nach M1 Beschreibe, analysiere und interpretiere das Propagandaplakat. Arbeite nach M2 „Mutter, stimme nicht für Jugoslawien, sonst muss ich für König Peter in den Krieg ziehen!“ (Österreichisches Propagandaplakat in slowenischer Sprache, 1920) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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