Zeitbilder 4, Schulbuch

50 Österreich und seine NS-Vergangenheit Von der Opfertheorie … Aus einer Rede von Bundes- präsident Karl Renner* am 12. November 1948 Q Die vier Großen (= Alliierten) haben nun wahrlich lange genug Gericht über uns gehalten, und sie haben erkannt, dass eine lebendig begrabene Republik nicht schuldig werden konnte. (Tonbandaufzeichnung; https://www.mediathek.at) Moskauer Deklaration (1943) Q Die Regierungen des Vereinigten Königreiches, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten von Amerika sind darin einer Meinung, dass Österreich, das erste freie Land, das der Angriffspolitik Hitlers zum Opfer fallen sollte, von deutscher Herrschaft befreit werden soll. (...) Sie erklären, dass sie ein freies, unabhängiges Österreich wieder errichtet zu sehen wünschen. (...) Österreich wird aber erinnert, dass es für die Teilnahme am Krieg an der Seite Hitler-Deutschlands eine Verantwortung trägt (…) und dass anlässlich der endgültigen Abrechnung Bedachtnahme darauf, wie viel es selbst zu seiner Befreiung beigetragen haben wird, unvermeidlich sein wird. (Moskauer Deklaration, Übersetzung des Autors) Aus der Unabhängigkeitserklärung vom 27. April 1945 Q (…) angesichts der Tatsache, dass die nationalsozialistische Reichsregierung Adolf Hitlers kraft dieser (…) Annexion des Landes das macht- und willenlos gemachte Volk Österreichs in einen sinn- und aussichtslosen Eroberungskrieg geführt hat, den kein Österreicher jemals gewollt hat (…), zur Bekriegung von Völkern, gegen die kein wahrer Österreicher jemals Gefühle der Feindschaft oder des Hasses gehegt hat, (…) erlassen die unterzeichneten Vertreter aller antifaschistischen Parteien Österreichs ausnahmslos die nachstehende Unabhängigkeitserklärung. (…) (https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1945_1_0/1945_1_0. pdf) Die Opfertheorie Darunter versteht man eine in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg weit verbreitete Meinung. Sie besagt, dass Österreich und seine Bevölkerung 1938 mit militärischer Gewalt in die deutsche NS-Herrschaft eingegliedert wurden. Nach dieser Theorie war Österreich ein Opfer der nationalsozialistischen Angriffspolitik. Auch habe das österreichische Volk unter der grausamen NS-Diktatur gelitten. Außerdem hätten viele Österreicher und Österreicherinnen Widerstand geleistet. Dieser Widerstand habe entscheidend mitgeholfen, die NS- Herrschaft zu beenden. Verschwiegen wurde bei dieser Geschichts- darstellung, wie viele Österreicherinnen und Österreicher aktiv die nationalsozialistische Herrschaft unterstützt oder sich aktiv am Krieg und an Kriegsverbrechen beteiligt hatten. … zur Anerkennung der Mitverantwortung Der Fall Waldheim Österreichs Nachkriegsregierungen hielten lange an dieser Opfertheorie fest. Auch Bundespräsident Kurt Waldheim (1986 –1992) lehnte jede Verantwortung für seinen Dienst als Offizier in der Deutschen Wehrmacht mit den Worten ab: „Ich habe im Krieg nichts Karikatur (Neues Österreich, 20. Juli 1946) Beschreibe, analysiere und interpretiere die Karikatur und die Textquellen. Erkläre, inwieweit die Text- quellen die Opfertheorie bestärken. Überprüfe mit Hilfe der Textquellen und der Karikatur die Richtigkeit der Darstellung im Autorentext. Diskutiert, weshalb der Opfermythos bis zum Ende des 20. Jh. aufrecht erhalten wurde. Arbeite nach M1+M2+A2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=