Zeitbilder 3, Schulbuch

Modul 3 – Diversität: Geschlecht – Ethnie –Klasse 73 1850 1918 Die Seiten 70 bis 73 sind eine Darstellung, die eine Orientierung in einer bestimmten Absicht anbieten. Arbeite die Probleme der Vielvölkerstaaten heraus. Beurteile, inwieweit sich diese Probleme heute noch auswirken. Beschreibe die Karikatur. Finde heraus, welche Absichten der Karikaturist mit dieser Geschichtsdarstell- ung vermutlich verfolgte. Nimm Stellung zu den Folgen dieser Geschichtsdarstellung. Arbeite nach M2 Schmelztiegel Wien Migrationsziel Wien  Nach dem Abriss der alten Stadt-mauern und der Errichtung der Ringstraße mit ihren Repräsentationsbauten nach 1858 wuchs Wien besonders rasch, in erster Linie durch Zuwanderung. Seit der Mitte des 19. Jh. war die Hälfte der Wiener nicht hier geboren. Aus allen Teilen der Habsburgermonarchie strömten Zuwanderer in die Reichshaupt- und Residenzstadt. Dabei sind besonders drei Ethnien* zu nennen: Tschechen, Deutschböhmen und Juden. Handwerksmigration  Arbeit fanden viele Zuwanderer als Tischler, Schlosser, Schneider und Schuster. Sie lebten oft im Haushalt des Meisters und hatten kaum die Möglichkeit, eine eigene Familie zu gründen. Taglöhner  Gegen Ende des 19. Jh. gewann die Zuwanderung von Taglöhnern an Bedeutung. Vor allem aus Böhmen und Mähren wurden Jugendliche aus ärmeren Schichten nach Wien geschickt. Dort wurden sie von den Meistbietenden angeworben. Sie lebten als Bau- und Ziegelarbeiter sowie als Fabrikarbeiter in der aufstrebenden Maschinenbauindustrie täglich von der Hand in den Mund. Migrantinnen  Tschechische Bau- und Ziegelarbeiterinnen gab es schon um 1860 in größerer Zahl. In den späteren Jahrzehnten waren mehr als die Hälfte der Migrantinnen als Dienstmädchen, Köchinnen und Kinderfrauen in den Haushalten der Reichen und des Mittelstandes tätig. Diese Frauen lebten meist in völliger Abhängigkeit und hatten kaum Sozialkontakte. Gegensätze  Die bürgerlichen Wienerinnen und Wiener wohnten vorwiegend in den Innenbezirken, die Zuwanderinnen und Zuwanderer in den Vororten. Trotz dieser Trennung fühlten sich die Bürgerinnen und Bürger von den Fremden überrannt und bedroht. Sie sahen in den Vororten eine Zone des Verbrechens und des Sittenverfalls, die man nicht zu betreten wagte. Arbeitslose Menschen wurden in der Regel als Müßiggänger gesehen. Für sie gab es keine Unterstützung. Sie wurden von den städtischen Behörden in ihre Heimatgemeinden zurückgeschickt, wenn ihnen der Nachweis, dass sie die Mittel zu ihrem Unterhalt „redlich zu erwerben suchten“, nicht gelang. Im Jahr 1873 wurden 5461 Personen aus Wien abgeschoben, die Hälfte davon unter 24 Jahren. Über die Zuwanderung nach Wien im 19. Jahrhundert: D Dem Lockruf der Prosperität (= Wohlstand) folgten hundert- tausende Zuwanderer aus dem agrarischen Hinterland der Hauptstadt, täglich trafen sie in Scharen auf dem Nordbahnhof und Franz-Josefs-Bahnhof ein, sie drängten in die Großstadt, um Arbeit und Lebenschancen zu finden. Teils trieb die Not sie heran, die strukturschwachen agrarischen Gebiete in den Kronländern der Monarchie konnten sie nicht mehr ernähren, teils wurden sie angezogen, der Wirtschaftsboom – vor allem in der Bau- und Textilindustrie – versprach ausreichend Arbeit. Sie siedelten sich in den neu entstehenden Massenquartieren an, es bildete sich die triste Lebenswelt der Vorstädte heraus, die Welt der Zuwanderer, Parias (= Außenseiter), Proletarier. (In: Haller Günther, Schmelztiegel Wien: Stubenmädchen, Rastlbinder, Ziegelböhm) „Czechen, die alle nach Wien gehen, ohne Abgeordnete zu sein“: Der Karika- turist stellt den um 1870 einsetzenden starken Zustrom von Migrantinnen und Migranten aus Böhmen nach Wien dar. Der Titel spielt auf die tschechischen Abgeordneten im österreichischen Parlament an. (Kolorierte Lithografie von Vinzenz Katzler (1823–1882), 1869, Wien Museum) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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