Zeitbilder 3, Schulbuch

72 Der Dolmabahçe-Palast in Istanbul: Die Orientierung des Osmanischen Reichs an Europa zeigt sich in diesem 1856 fertiggestellten Bau am Ufer des Bosporus. Der Renaissance-Stil sollte die Abkehr von orientalischen Traditionen sichtbar machen. (Foto 2014) Aus der Verfassung des Osmanischen Reichs von 1876: Q Art. 11. Die Staats- religion ist der Islam. (…) wird allen Religionen freie Übung gewährt. Art. 12. Die Presse ist inner- halb des Gesetzes frei. Art. 16. Alle Schulen stehen unter der Aufsicht des Staates. Art. 17. Alle Osmanen sind vor dem Gesetze gleich und haben gleiche Rechte und Pflichten. Art. 19. Alle Untertanen werden im Staatsdienste zu jenen Ämtern zugelassen, für welche sie geeignet und befähigt sind. Art. 26. Die Folter und alle übrigen Arten der Tortur sind sämtlich unbedingt verboten. (http://www.verfassungen.eu/ tr/verf76.htm) Beurteile aus heutiger Sicht, warum diese Artikel als fortschrittlich bezeichnet werden können. Arbeite nach M1 Vielvölkerstaaten  Sowohl die Habsburgermonarchie als auch das Osmanische Reich waren Staaten mit vielen Völkern innerhalb ihrer Grenzen. In ihnen waren ethnische* oder geographische Herkunft oft entscheidend für die Aufstiegsmöglichkeiten am Hof, im Heer und in der Verwaltung. In die Hauptstädte Wien und Istanbul kamen Menschen aus dem ganzen Reich, in denen Künste und Wissenschaften aufblühten. Aber spätestens im 19. Jh. galten Staaten mit vielen Nationalitäten* in ihren Grenzen als überholt. Die Völker wollten ihre eigenen Nationalstaaten. Reformen im 19. Jh.  Die beiden Großreiche erlebten durch den aufkommenden Nationalismus (S. 44) im 19. Jh. einen Niedergang. Verlorene Kriege führten zu Gebietsverlusten. Ansehen und Macht waren in der Krise. Um Revolutionen zuvorzukommen entschlossen sich die Herrscher zu Reformen. Im Habsburgerreich bekam Österreich eine Verfassung und Ungarn die innenpolitische Unabhängigkeit (S. 122). Im Osmanischen Reich erließ der Sultan im Jahre 1876 eine Verfassung nach westlichem Vorbild. Doch schon zwei Jahre später löste der Sultan nach einer Niederlage gegen Russland die Volksvertretung auf und herrschte von da an absolutistisch, um jede Kritik zu unterdrücken. Er befürchtete, für die Niederlage persönlich verantwortlich gemacht zu werden. Der Zerfall der Großreiche  Am Ende des Ersten Weltkrieges 1918 hatten sich die politischen Verhältnisse in Europa und im Nahen Osten erheblich verändert (S. 130 f.). Die Monarchien in Deutschland, Österreich- Ungarn und Russland waren beseitigt. Die Habsburgermonarchie zerfiel in eine Reihe von Nachfolgestaaten. Auch das Osmanische Reich war auseinandergebrochen. Die Türkei verlor alle Gebiete im Nahen Osten und wurde auf die Halbinsel Anatolien beschränkt. Die Siegermächte Großbritannien, Frankreich und Italien teilten das Erbe als so genannte Mandate des Völkerbundes unter sich auf. Großbritannien erhielt Palästina, Jordanien und Irak; Frankreich Syrien und den Libanon. Auch Italien bekam Gebiete wie zB Rhodos oder in Libyen. Mit der Unabhängigkeit entstanden auch hier neue Nationalstaaten. Damit waren die Probleme nicht gelöst. Nationalitätenprobleme und kriegerische Konflikte herrschten in Europa und im Nahen Osten noch lange vor und reichen bis in die Gegenwart. Kaiser Karl I. in der Uniform eines ungarischen Feldmarshalls mit Sultan Mehmed V. in Istanbul im Mai 1918 Bei diesem Staatsbesuch knapp vor dem Ende des Ersten Weltkriegs (S. 123) versuchte Karl I., die osmanischen Verbündeten für seine Friedensbemühungen zu gewinnen. (Foto 1918) Nur zu Prüfzwecken – Eig entum des Verlags öbv

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