Zeitbilder 3, Schulbuch

66 Arbeiterinnen – mehrfach belastet Geschlechterbeziehungen  Im Laufe des 19. Jh. veränderten sich die Beziehungen zwischen Frau und Mann. Bis dahin waren Lebens- und Arbeitsbereich räumlich meist nicht voneinander getrennt, viele Frauen und Männer in Handwerksbetrieben oder auf Bauernhöfen teilten die Arbeit partnerschaftlich auf. Durch die Industrialisierung im 19. Jh. änderte sich dies, Wohnort und Arbeitsplatz waren nun häufig räumlich getrennt. Frauen und ihre Arbeit wurden von vielen Männern nicht mehr als gleichwertig anerkannt. Diese Ansicht wirkt bis heute nach, zB erhalten in vielen Berufsgruppen Frauen und Männer nicht die gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. Schlechtere Bezahlung  In den Fabriken arbeiteten nun auch viele Frauen. Ihre Arbeit wurde schlechter bezahlt, selbst wenn sie die gleiche Arbeit wie die Männer leisteten. Für Frauen mit Familie bedeutete die Fabrikarbeit eine schwere zusätzliche Belastung. Denn sie mussten auch noch den Haushalt führen, das hieß: kochen, waschen, nähen, putzen und Kinder versorgen. Arbeitsteilung zwischen Mann und Frau im Haushalt war nicht üblich. Schwangere Frauen erlitten häufig Fehlgeburten. Wurde eine Schwangerschaft vom Arbeitgeber bemerkt, entließ er sie meist gleich. Deshalb kehrten die Frauen sofort nach der Entbindung an ihren Arbeitsplatz zurück. Fehlender Mutterschutz  Er war auch schuld daran, dass nur die Hälfte aller geborenen Kinder das erste Lebensjahr überlebte. Erst ab 1895 durften Mütter vier Wochen nach der Geburt von der Arbeit fernbleiben. Armut im reichen Österreich Arm und reich  Es geht uns doch allen gut. Wir haben zu essen, haben Kleidung und eine warme Wohnung. Das ist jedenfalls das Ergebnis einer oberflächlichen Betrachtung. In reichen Ländern wie Österreich ist Armut oft erst bei genauem Hinsehen sichtbar. Armut in Österreich unterscheidet sich nämlich stark von Armut in jenen Ländern, in denen es für viele Menschen oft weder Schulen noch Krankenhäuser gibt; wo Millionen Menschen täglich gegen Unterernährung und Seuchen kämpfen. In Österreich lebt jeder 8. Mensch unter der Armutsgrenze. Im Jahr 2016 verglich der Internationale Währungsfond (IWF) die Kaufkraft der Gesamt- bevölkerung in 190 Staaten der Welt. Österreich zählte dabei mit dem 22. Platz zu den reichsten Ländern der Erde. Aber die Vermögen sind ungleich verteilt. Arbeit schützt vor Armut nicht – Working poor. Frau J. berichtet (um 2010): Q Ich bin berufstätig, verdiene monatlich ca.1000 €, und bin alleiner- ziehende Mutter von zwei Kindern. Der Vater meiner Kinder, von dem ich getrennt lebe, kann keine Alimente zahlen. Trotz meiner Berufs- tätigkeit und der Wohnbei- hilfe konnte ich, aufgrund meines geringen Einkom- mens, Rechnungen des Strom- und Fernwärme-Anbieters nicht bezahlen, wodurch Schulden bei diesem entstan- den. Das Einkommen und die Wohnbeihilfe reichen finan- ziell nicht aus, sodass sich die Schulden weiter vergrößerten. Schließlich wandte ich mich an eine Sozialberatungsstelle der Volkshilfe. Aus Spenden- geldern wurde eine meiner Monatsmieten übernommen, um zu erreichen, dass ich mit meinen Kindern in der Wohnung bleiben kann. Trotz meiner Vollzeitbeschäftigung leben ich und meine Kinder in Armut. (Volkshilfe Österreich, Armut ist weiblich) 0% 50% 100% 50% 30% 15% 4% 16,5% 23,5% 20,8% 37,0% 2,2% 1% 30% besitzen 16,5% 15% besitzen 23,5% 4% besitzen 20,8% Das reichste 1% der Bevölkerung besitzt 37,0% Die Hälfte der Bevölkerung hat gemeinsam nur 2,2% des Gesamtvermögens. Vermögensanteil Bevölkerungsanteil Vermögensverteilung in Österreich Vermögensverteilung Österreich (Quelle: AKOÖ, OENB) Bewerte die in der Grafik dargestellte Vermögensverteilung. Diskutiert in der Klasse darüber, welche Auswirkungen die Ungleichverteilung haben könnte. Arbeite nach M6+A2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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