Vielfach Deutsch 4, Leseheft

Texte zur Berufswahl lesen und verstehen 1 Lies den Beginn des Romans. „Ein Praktikum!“, rief Monsieur Feyrières. „Was sind das denn schon wieder für Erfindungen? Die Kinder können keine drei korrekten Sätze aneinanderreihen, aber müssen ein Praktikum machen. Und überhaupt: Was für ein Praktikum?“ Er wandte sich seinem Sohn am anderen Ende des Tisches zu. „Weiß ich doch nicht“, brummelte Louis. „Is’ unser Problem, hat die Lehrerin gemeint.“ „Is’ unser Problem“, äffte sein Vater ihn nach. „Geh zu den Straßen- kehrern, da werden sie dich nehmen. Nein, nicht Straßenkehrer, heute heißt das ja bestimmt Pfleger des öffentlichen Raumes .“ Monsieur Feyrières lachte höhnisch. Er selbst war Chirurg. Ein stattlicher Mann mit kräftiger Stimme, der schon ganz allein das Esszimmer ausfüllte. Und doch saßen da noch vier weitere Personen am Tisch: Floriane, sieben, Louis, vierzehn, Madame Feyrières sowie Großmama. „Wenn es nur um eine Woche geht, könnte ich vielleicht etwas für ihn auftreiben“, sagte diese. Monsieur Feyrières setzte seiner Schwiegermutter gegenüber eine Grimasse auf, die ein ermutigendes Lächeln sein sollte. „Meine Friseurin nimmt Lehrlinge“, fuhr Großmama fort. „Ein Praktikant ist doch im Grunde auch nichts anderes.“ Monsieur Feyrières riss die Augen auf. „Ein Friseurpraktikum? Für Louis?“ – „Oh jaa! Super!“, flüsterte Floriane. „Ich will Friseurin werden, wenn ich groß bin.“ Madame Feyrières warf ihrer Jüngsten, die ihren schulfreien Mittwoch damit verbrachte, ihre Rapunzel-Barbie zu frisieren, einen nachsichtigen Blick zu. Dann wandte sie sich an ihre Mutter. „Weißt du, Mama, ich weiß nicht recht, was Louis in einem Friseursalon tun sollte.“ – „Kein Beruf ist schlechter als der andere“, erwiderte Großmama, die mit sechzehn im Backgewerbe angefangen hatte. „Das wäre doch phantastisch“, schnaubte Monsieur Feyrières und tat, als bewundere er ein Ladenschild auf der gegenüberliegenden Wand: „LOUIS, Damenfriseur.“ Aber da niemandem eine andere Idee für ein Praktikum einfiel, versprach Großmama, mit Marielou, der Chefin des Friseursalons, darüber zu sprechen. „Ist dir das auch nicht unangenehm?“, fragte Madame Feyrières besorgt. „Mir egal“, knurrte Louis. 1 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 Damit du die richtige Entscheidung für deinen beruflichen Bildungsweg triffst, musst du deine persönlichen Fähigkeiten und Interessen kennen. In diesem Kapitel erfährst du, wie man die eigenen Begabungen und Ziele herausfinden kann. Jugendliteratur lesen und interpretieren Nachdem du einen Text gelesen hast, versuchst du dessen Sinn zu erfassen. Wenn dir noch nicht klar ist, welche Ausbildung du machen möchtest, kannst du dich um eine Schnupperlehre oder ein Praktikum bewerben. Davon handelt Marie-Aude Murails Jugendbuch „Über kurz oder lang“. interpretieren: auslegen, deuten die Schnupperlehre: kurzfristige Mitarbeit in einem Betrieb zur Erleichterung der Berufswahl Ich glaube, man spricht diesen Namen „Mösjö Feriäär“ aus. 6 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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