Vielfach Deutsch 4, Leseheft

2 „Papa!“ Mit einem Satz wandte er sich um. „Ah, da bist du.“ In der Rue Jeanne-d’Arc wurde es dunkel. „So verbringst du also deine Freizeit?“ Die Menschen waren auf dem Nachhauseweg und warfen Vater und Sohn, die im Weg standen, Blicke zu. „Du spielst in diesem erbärmlichen Laden den Diener! Anstatt etwas für dich zu tun, für deine Zukunft.“ Hätte Louis die Worte gehabt, hätte er seinem Vater sagen können, dass er durchaus dabei war, etwas für seine Zukunft zu tun. Weil er Friseur werden wollte. Er hob die Hände an sein Herz. Er hätte sich am liebsten etwas ausgerissen. „Begreifst du nicht, dass diese Leute dich ausbeuten? Dass sie dich für nichts arbeiten lassen? Das ist … das ist unwür- dig!“ Rede, Louis. Sag deinem Vater, dass diese Leute dich aufgenommen haben, dass sie dir Verantwortung gegeben haben, dass sie an dich geglaubt haben, selbst nachdem du sie angelogen hast. „Siehst du denn nicht, was das für Leute sind? Mach die Augen auf, Louis! – Ja, was ist denn? Willst du was sagen? So rede doch!“ Louis streckte fast die Hände aus. Er flehte. Aber ohne Worte, ohne Sätze. „Du wirst mir nicht erzählen wollen, dass du so enden willst wie dieser … dieser Fifi, was?“ Sie standen sich gegenüber. Louis hielt dem Blick seines Vaters stand. Na los, rede. Jetzt oder nie. a) Unterstreiche in beiden Textausschnitten aus Übung 10 die Gedanken von Louis. b) Worin liegt der Unterschied zwischen Louis’ Gedanken in Text 1 und 2? c) Wie fühlt er sich? Sprecht darüber. Beantworte die Fragen zu den Texten 1 und 2 aus Übung 10 ausführlich und in ganzen Sätzen. Begründe deine Meinungen. 1 Warum ist Louis seinem Klassenkameraden gegenüber nicht ganz ehrlich? 2 Warum gelingt es Louis nicht, mit seinem Vater zu spre- chen? 3 In welchem Text begegnet Louis einem Klischee und in welchem einem Vorurteil? 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 Aus: Marie-Aude Murail: Über kurz oder lang. Fischer Schatzinsel, Frankfurt am Main 2012 (bearbeitet). Aus dem Französischen von Tobias Scheffel. 11 B 12 M das Klischee, die Klischees: billige, gedankenlose Nachahmung das Vorurteil, die Vorurteile: vorgefasste, (meist) unbegründete Meinung Texte zur Berufswahl lesen und verstehen 11 1 Manchmal fehlen auch mir die Worte. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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