Vielfach Deutsch 1, Leseheft

Lies den informierenden Text über die Einführung der Schulpflicht in Österreich. Die Schulreform unter Maria Theresia Maria Theresia führte im Jahr 1774 erstmals in der österreichischen Geschichte eine Schulpflicht ein. Die Erziehung der Jugend, der Buben und der Mädchen, lag der Mo­ narchin sehr am Herzen. Bis dahin hatten Schulmeister die Kinder bei sich zu Hause unterrichtet. Nun mussten neue Schulstuben errichtet und mit Holzbänken, Tischen, Tafeln, Tintenfässern und verschließbaren Bücherschränken ausgestattet werden. Für jeden Lehrgegenstand wünschte sich Maria Theresia ein eigenes Klassenzimmer. Während des Unterrichts wurden die Räume unterteilt. Die besten Schülerinnen und Schüler erhielten einen eigenen Bereich für sich, ebenso die Mittelmäßigen und die Schwächeren. Wichtig war schon damals, dass jede Leistungsgruppe unterschiedlich gefördert werden sollte. Kinder aller Altersstufen saßen in einem Raum beisammen, aber Buben und Mädchen nicht nebeneinander. Das lag vor allem daran, dass Mädchen in anderen Fächern wie Nähen und Stricken unterrichtet wurden. Oftmals gab es sogar eine eigene Schule für Mädchen. Grundsätzlich mussten alle Kinder ab dem sechsten Lebensjahr für sechs Jahre eine Schule besuchen. Sie durften jedoch auch länger bleiben. Wenn sie danach studieren oder aus der Schule entlassen werden wollten, mussten sie Prüfungen ablegen und erhielten ein Zeugnis. Die Schulstunden wurden zu unterschiedlichen Zeiten angesetzt. Im Winter von 8 bis 11 Uhr, im Sommer auf dem Land von 7 bis 10 Uhr und das ganze Jahr über nachmit­ tags von 14 bis 16 Uhr. Während Kinder vom sechsten bis zum neunten Lebensjahr bei Kälte und schlechten Wegverhältnissen im Winter zu Hause bleiben sollten, wurden Kinder vom neunten bis zum dreizehnten Lebensjahr im Sommer vom Unterricht freigestellt. Sie mussten ihren Eltern bei der Heuarbeit helfen. Aber es wurde dafür gesorgt, dass alle Kinder lesen und schreiben lernten. Zu den Hauptgegenständen zählten das Lesen sowie die Schön- und die Rechtschrei­ bung – speziell aber das gemeinsame Lesen. Schon damals hat man erkannt, dass es nicht genügt, Dinge auswendig zu lernen, sondern dass neben dem Gedächtnistraining auch das Verstehen von Texten und das Erzählen mit eigenen Worten wichtig ist. Privatlehrer waren erlaubt, mussten jedoch gut ausgebildet sein. Damit alles so funktio­ nierte, wie sich Maria Theresia und ihre Berater das wünschten, wurden Anwesenheits­ listen geführt. Man achtete auch darauf, ob die Schuld am Lehrer oder am Schüler lag, wenn dieser nichts gelernt hatte. Im Jahr 1869 wurde die Schulpflicht von sechs auf acht Jahre erhöht und fast einhundert Jahre später (1962) auf unsere heutigen neun Jahre. 8 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 50 Informationen lesen und vergleichen 5 Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv

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