Vielfach Deutsch 3, Arbeitsheft

– „Verdammt! Dasselbe Wappen! Dieser selbe Saal! Drei Jahre sinds … Auf einer Hugenottenjagd … Ein fein, halsstarrig Weib … ‚Wo steckt der Junker? Sprich!‘ Sie schweigt. ‚Bekenn!‘ Sie schweigt. ‚Gib ihn heraus!‘ Sie schweigt. Ich werde wild. Der Stolz! Ich zerre das Geschöpf … Die nackten Füße pack ich ihr und strecke sie Tief mitten in die Glut … ‚Gib ihn heraus!‘ … Sie schweigt … Sie windet sich … Sahst du das Wappen nicht am Tor? Wer hieß dich hier zu Gaste gehen, dummer Narr? Hat er nur einen Tropfen Bluts, erwürgt er dich.“ – Eintritt der Edelmann. „Du träumst! Zu Tische, Gast …“ Da sitzen sie. Die drei in ihrer schwarzen Tracht Und er. Doch keins der Kinder spricht das Tischgebet. Ihn starren sie mit aufgerissnen Augen an – Den Becher füllt und übergießt er, stürzt den Trunk, Springt auf: „Herr, gebet jetzt mir meine Lagerstatt! Müd bin ich wie ein Hund!“ Ein Diener leuchtet ihm, Doch auf der Schwelle wirœ er einen Blick zurück Und sieht den Knaben »üstern in des Vaters Ohr … Dem Diener folgt er taumelnd in das Turmgemach. Fest riegelt er die Tür. Er prüœ Pistol und Schwert. Gell pfeiœ der Sturm. Die Diele bebt. Die Decke stöhnt. Die Treppe kracht … Dröhnt hier ein Tritt? Schleicht dort ein Schritt? … Ihn täuscht das Ohr. Vorüberwandelt Mitternacht. Auf seinen Lidern lastet Blei, und schlummernd sinkt Er auf das Lager. Draußen plätschert Regen»ut. Er träumt. „Gesteh!“ Sie schweigt. „Gib ihn heraus!“ Sie schweigt. Er zerrt das Weib. Zwei Füße zucken in der Glut. Aufsprüht und zischt ein Feuermeer, das ihn verschlingt … – „Erwach! Du solltest längst von hinnen sein! Es tagt!“ Durch die Tapetentür in das Gemach gelangt, Vor seinem Lager steht des Schlosses Herr – ergraut, Dem gestern dunkelbraun sich noch gekraust das Haar. Sie reiten durch den Wald. Kein Lüœchen regt sich heut. Zersplittert liegen Ästetrümmer quer im Pfad, Die frühsten Vöglein zwitschern, halb im Traume noch. Friedselge Wolken schwimmen durch die klare Luœ, Als kehrten Engel heim von einer nächtgen Wacht. Die dunkeln Schollen atmen kräœgen Erdgeruch, Die Ebne ö“net sich. Im Felde geht ein P»ug, Der Reiter lauert aus den Augenwinkeln: „Herr, Ihr seid ein kluger Mann und voll Besonnenheit Und wisst, dass ich dem größten König eigen bin. Lebt wohl! Auf Nimmerwiedersehn!“ Der andre spricht: „Du sagsts! Dem größten König eigen! Heute ward Sein Dienst mir schwer … Gemordet hast du teu»isch mir Mein Weib! Und lebst …Mein ist die Rache, redet Gott.“ http://gutenberg.spiegel.de/buch/conrad-ferdinand-meyer-gedichte- 1882/133 (12. 5. 2017, bearbeitet) 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 das Weib: früher nicht abwertend, sondern gehobener Ausdruck für (Ehe-)Frau der Junker: junger Mann aus dem Hochadel (ursprünglich ohne Ritterschlag) 56 5 Sagen und Balladen wiedergeben N r zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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