Vielfach Deutsch 4, Schulbuch

Die Sorge über das ungewohnte Tempo war jedenfalls groß: Als der englische Dampflockerfinder George Stephenson 1825 die erste Eisenbahnstrecke (zwischen Manchester und Liverpool) be­ antragte, holte das britische Unterhaus ein Gutachten ein, die Pariser „Académie des science“ schrieb, dass die schnelle Bewegung der Reisenden eine Gehirnerkrankung, das sogenannte „Delirium furiosum“, hervorrufen könnte. Im deutschen Sprachraum berühmt wurde ein anderer Fall: Als die Lok „Adler“ 1835 erstmals zwischen Nürnberg und Fürth verkehren sollte – mit 30km/h –, soll ein Gutachter des Bayrischen Medizinalkollegiums gemeint haben, dass die Geschwindigkeit „bei den Passagieren die geistige Unruhe, ,Delirium furiosum’ genannt“, hervorrufe. Natürlich könne sich jedermann freiwillig dieser Gefahr aussetzen – aber die Zuschauer müssten geschützt werden, und zwar durch eine sechs Fuß (zwei Meter) hohe Schranke auf beiden Seiten der Bahn. Dieses Gutachten wird in vielen Arbeiten und Büchern zitiert – allerdings wurde es in keinem Archiv gefunden. Damit steht die Überlieferung auf schwachen Beinen. Doch unabhängig davon ist klar, dass allein schon die Tatsache, dass der Satz ständig weiter zitiert wurde, ein grundsätz­ liches Unbehagen mit der Technik ausdrückt. Die medizinische Literatur des 19. Jahrhunderts ist auch voll von solchen Beispielen. Die Geschwindigkeit der damaligen Züge hatte natürlich Folgen für die Gesundheit: Die damals noch sehr schlecht gefederten Waggons verursachten z. B. einen „Eisenbahnrücken“. Freilich erfasste das befürchtete „Delirium furiosum“ schließlich doch noch Europa – wenn auch in einem anderen Sinne: Vor allem der Adel entdeckte bald den Reiz höherer Geschwindigkeit. Und schon wenige Wochen nach der Erstlingsfahrt des „Adlers“ wurden zur Belustigung des Publikums Schnellfahrten von 70 km/h angeboten. Aus: Martin Kugler: Titel im Lösungsteil bei Ü7, in: Die Presse, 28. 2. 2010 (gekürzt). Welche Überschrift passt zum Text in Ü6? Kreuze sie an oder mache einen eigenen Vorschlag. 1 Die Entwicklung des Eisenbahnwesens 2 Fehleinschätzungen der Menschheit 3 Gesundheitliche Schädigungen Der Autor des Zeitungsartikels in Ü6 zitiert Textstellen aus Peter Roseggers Roman Als ich noch der Waldbauernbub war. Löse dazu die beiden Fragestellungen. 1 Die zitierten Textstellen befinden sich in den Zeilen bis . 2 Begründe in einem Satz, warum er diese Textstelle zitiert. Welche negativen gesundheitlichen Auswirkungen von Eisenbahnfahrten werden im Text genannt? Schreibe in Stichworten in dein Heft. a) Das Spottbild rechts entstand um das Jahr 1835. Schau es dir genau an und gib seine Aussage in ganzen Sätzen in deinem Heft wieder. b) Vergleicht eure Antworten in der Klasse. 15 20 25 30 Ü7 Eigener Vorschlag:  Ü8 Ü9 M Ü10 M 87 Exzerpieren und zusammenfassen Sprachbewusstsein Zuhören / Sprechen 4 Lesen Schreiben Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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