Vielfach Deutsch 4, Schulbuch

a) Lies jetzt den zweiten Teil des Textes. b) Beantworte anschließend die Fragen in deinem Heft. 1 Was hätte Friedrich dem Mädchen nicht über sich sagen können, weil er sie sonst nicht mehr hätte abholen dürfen? 2 Wie wirkt sich der nationalsozialistische Antisemitismus sonst noch auf Helga und Friedrich aus? Was dürfen sie nicht tun? Was wäre die Folge? Markiere die entsprechenden Stellen im Text. Zum vorvorigen Sonntag hatten wir uns zum ersten Mal verabredet; wir wollten uns im Stadt­ garten treffen. Mein Vater hatte sich schon die ganze Zeit gewundert, warum ich abends immer draußen zu tun hatte. Als er sah, wie ich mich fein machte, da schüttelte er den Kopf und sagte: „Bedenke, was du tust, Friedrich!“ Sonst hatte er nichts gesagt; still war er und hat sich weg­ gedreht. Ich bin aber doch gegangen. Es war herrliches Wetter. Die Rosen fingen schon an zu blühen. Der Stadtgarten war ziemlich leer. Nur ein paar Mütter schoben Kinderwagen herum. Helga hatte ein dunkelrotes Kleid – und dazu die schwarzen Haare und die grauen Augen. Wenn ich sie anguckte, dann spürte ich das richtig innendrin. Ich hatte Helga so ein kleines Heftchen mit Gedichten mitgebracht. Und sie freute sich so darüber, dass ich mich schämte. Wir gingen durch den Stadtgarten und Helga sagte Gedichte auf. Sie konnte viele auswendig. Ich habe immer wieder abgelegene Wege gesucht, wo wir möglichst niemand begegneten. Als wir eine Zeit gegangen waren, wollte Helga sich setzen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich konnte ihr das doch nicht abschlagen. Ehe mir noch etwas eingefallen war, kamen wir an eine von den grünen Bänken und Helga setzte sich einfach hin. Ich stand vor der Bank herum und ich trat von einem Bein auf das andere. Hinzusetzen getraute ich mich nicht. Dauernd guckte ich, ob nicht einer käme. „Warum setzt du dich nicht?“, fragte Helga. Aber mir fiel keine Ausrede ein. Als sie dann „Sitz nieder!“, sagte, setzte ich mich tatsächlich. Aber ich hatte keine Ruhe. Wenn ein Bekannter vorbeikäme? Ich rutschte hin und her. Das fiel auch Helga auf. Sie nahm aus der Tasche einen kleinen Riegel Schokolade und gab mir davon. Wie lange hatte ich keine Schokolade mehr gegessen. Aber sie schmeckte mir nicht, ich war viel zu aufgeregt. Ich hatte sogar vergessen, mich zu bedanken. Helga hatte das Büchlein mit den Gedichten auf dem Schoß liegen. Sie las nicht, sie guckte mich an. Ab und zu fragte sie etwas. Ich weiß nicht mehr, was ich geantwortet habe, denn ich hatte schreckliche Angst auf der grünen Bank. Plötzlich stand Helga auf. Sie nahm mich beim Arm und zog mich weiter. Wir waren noch gar nicht weit gegangen, da kamen wir an eine gelbe Bank, wo draufstand „Nur für Juden“. Helga blieb vor der Bank stehen und fragte mich: „Bist du ruhiger, wenn wir uns hier setzen?“ Ü13 M 1 1 AH DaZ 5–6 5 10 15 20 25 30 35 40 65 Inhaltsangabe und Interpretation Sprachbewusstsein Zuhören / Sprechen 3 Lesen Schreiben Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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