Vielfach Deutsch 4, Schulbuch

Lies den Zeitungsartikel zum Thema Getrennter Unterricht von Mädchen und Buben. „Jungen fühlen sich als Buhmänner“ Von Nadja Lissok, Essen An einem Gymnasium in Essen werden Schüler und Schülerinnen getrennt unterrichtet. Das soll vor allem den Jungen gerecht werden, ist aber umstritten. Wenn Louis am Schultor auf Karlotta, Lilly oder Sylvana trifft, trennen sich ihre Wege schnell wieder. Denn am Essener Mariengymnasium werden Jungen und Mädchen von der fünften bis zur neunten Klasse getrennt unterrichtet. Das klingt altmodisch – ist hier aber noch ziemlich neu. Die Ergebnisse von Pisa und anderen Untersuchungen in den vergangenen Jahren haben gezeigt: Jungen haben schlechtere Noten und brechen häufiger die Schule ab als Mädchen in Deutschland. Dabei galten hier­ zulande seit den Siebzigerjahren eigentlich die Schülerinnen als benach­ teiligt. Mit Technikkursen und dem „Girls’ Day“ sollen sie die Chance bekommen aufzuholen. Nun haben sie die Jungen offenbar abgehängt. Wissenschaftliche Studien zur Jungen- und Mädchenbildung sind rar und widersprüchlich. Lehrer und Schulleitung in Essen verlassen sich deshalb auf ihre Beobachtungen. Und die besagen: Ruhig auf dem Stuhl sitzen, Ordnung halten und selbstständig lernen fällt Mädchen leichter – und kommt bei Lehrern gut an. „Mädchen sind ordentlicher, haben die schönere Schrift und sind körperlich und geistig schon weiter entwickelt, wenn sie zu uns kommen“, sagt die Leiterin des Gymnasiums, Christiane Schmidt. „Die Jungen leiden unter den angepassten, lieben Mädchen und fühlen sich als Buhmänner. Sie sind in einer gemischten Klasse immer diejenigen, die Dreck machen und laut sind.“ Möglicherweise werden sie im direkten Vergleich auch deshalb schlechter bewertet. Hinter der Klassentür der 5d wird durcheinandergeredet. Louis und seine Mitschüler stehen in Grüppchen zusammen – und vergleichen ihre Rechenergebnisse. Weil Jungen ungern lange still sitzen, dürfen sie im Unterricht hin und wieder aufstehen. Schüler und Schülerinnen getrennt unterrichten, das heißt am Mariengymnasium nämlich auch, sie anders zu unterrichten. Zum Beispiel mit mehr Frontalunterricht, weniger Stillarbeitsphasen und konsequenterem Durchgreifen bei den Jungen. „Jungen sind robuster und fordern klare Ansagen. Sie wollen vor allem gerecht behandelt werden“, sagt Schmidt. „Wer aus der Reihe tanzt, soll auch bestraft werden.“ Karlotta und ihre Klassenkameradinnen haben ein paar Zimmer weiter Kunstunterricht. Kaum ist der Raum aufgeschlossen, vertiefen sich die Fünftklässlerinnen in ihre Aufgabe: Monster malen. Lehrerin Ilona Kesper muss nur beraten, wenn eine nicht weiß, ob das Monster an einem Schnuller oder Eis lutschen soll. „In einer gemischten Klasse dominieren oft ein paar anstrengende Jungs den Unterricht“, sagt Kesper, die Erfahrungen in gemischten und getrennten Klassen gesammelt hat. „Darunter leidet der Rest der Klasse und vor allem die stillen Mädchen, denen ich dann nicht gerecht werden kann.“ Karlotta sieht das ähnlich, Jungen würden im Kunstunterricht nur stören: „Wir können als Thema ‚Einhorn‘ vorschlagen, ohne dass die Jungs sich vernachlässigt fühlen“, sagt die Elfjährige. Tatsächlich wird mit geschlechtertypischen Themen versucht, Interesse in verschiedenen Fächern zu wecken. Geschichten über Autos und Fußball beispielsweise sollen mehr Jungen zum Lesen Ü2 der Buhmann: jemand, dem alle Schuld an etwas zugeschoben wird Essen: Stadt in Deutschland fünfte Klasse: in Ö fünfte Schulstufe, also 1. Klasse Unterstufe oder Mittelschule PISA = P rogramme f or I nternational S tudent A ssessment: inter­ national durchgeführte Studien zur Messung der Schulleistungen 15-Jähriger 5 10 15 20 25 30 35 40 Argumente in Texten finden 109 Argumentieren und Position beziehen Sprachbewusstsein Zuhören / Sprechen Schreiben 5 Lesen Da merkt man schon am Titel, dass der Text aus einer deutschen Zeitung stammt, bei uns hieße es wohl Buben fühlen sich als Sündenböcke. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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