Mathematik verstehen 8, Schulbuch

64 4 Die Normalvertei lung Stetige Zufallsvariablen Es gibt auch Zufallsvariablen, die unendlich viele, nicht abzählbare Werte annehmen können, zum Beispiel alle Werte in einem Intervall (welches auch ganz R sein kann). Solche Zufalls­ variablen bezeichnet man als stetige Zufallsvariablen . Wie berechnet man Wahrscheinlichkeiten für stetige Zufallsvariablen? 4 . 03 Bei einer Produktion von Hunderternägeln (dh. Nägel der Länge 100mm) treten produktionsbe- dingte Schwankungen der Nagellänge X auf. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein zufällig der Produktion entnommener Nagel genau die Länge 101mm aufweist? Lösung: Da es unendlich viele mögliche Nagellängen gibt, ist das Ereignis, dass der entnommene Nagel die genaue Länge 101mm aufweist, so unwahrscheinlich, dass man diese Wahrscheinlich- keit sinnvollerweise gleich 0 setzt (obwohl das Ereignis eintreten kann). Anders ist die Situation, wenn man in Aufgabe 4.03 nach der Wahrscheinlichkeit fragt, dass die Nagellänge X höchstens 101mm beträgt. Wir betrachten dazu Klasseneinteilungen im Bereich al- ler möglichen Nagellängen und zeichnen Histogramme, wobei die Flächeninhalte der Rechtecke den Wahrscheinlichkeiten in den einzelnen Klassen entsprechen. Wenn man die Klassenbreiten fortlaufend verkleinert, werden die Rechtecke immer dünner, bis sie schließlich im Grenzfall „un- endlich dünn“ werden. In allen Abbildungen entspricht der Inhalt der grün unterlegten Fläche der Wahrscheinlichkeit P(X ª 101). Diese Überlegungen legen nahe, eine Wahrscheinlichkeit der Form P(X ª x) für eine stetige Zufallsvariable als Inhalt einer Fläche unter dem Graphen einer passenden Funktion f anzu­ geben. Für f kommen dazu nur Funktionen in Frage, die folgende Eigenschaften haben: (1) f(x) º 0 für alle x * ℝ (2) P(X ª x) = ​ : – • ​ x ​ f(t)​dt für alle x * ℝ (3) ​ : – • ​ • ​ f(x)​dx = 1 Die Eigenschaft (3) ergibt sich daraus, dass die Zufallsvariable X irgendeinen Wert x * ℝ sicher, also mit der Wahrscheinlichkeit 1, annimmt. Definition Sei X eine stetige Zufallsvariable und f eine Funktion mit folgenden Eigenschaften: (1) f(x) º 0 für alle x * ℝ (2) P(X ª x) = ​ : – • ​ x ​ f(t)​dt für alle x * ℝ (3) ​ : – • ​ • ​ f(x)​dx = 1 ƒƒ Die Funktion f heißt Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion oder kurz Dichtefunktion der Zufallsvariablen X. ƒƒ Die Funktion F: x ¦ P(X ª x) heißt Verteilungsfunktion der Zufallsvariablen X. Man sagt: Durch die Dichtefunktion (oder die Verteilungsfunktion) wird eine stetige Wahrschein- lichkeitsverteilung der Zufallsvariablen X beschrieben. Die Verteilungsfunktion F hat folgende Eigenschaften: (1) F ist stetig. (2) F ist monoton steigend. (3) ​ lim x ¥ – • ​ F(x) = 0 und ​lim x ¥ • ​ F(x) = 1 R 96 97 98 99 100 101 102 103 104 Nagellänge 96 97 98 99 100 101 102 103 104 Nagellänge 96 97 98 99 100 101 102 103 104 Nagellänge Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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