Mathematik verstehen 8, Schulbuch

57 3 . 4 Historisches zur Integralrechnung Die griechischen Mathematiker der Antike be- schäftigten sich vielfach mit dem Problem, Flächen durch geeignete geometrische Konstruk- tionen in Rechtecke oder Quadrate mit gleichem Flächeninhalt umzuwandeln. Dabei waren als Konstruktionsmittel nur Zirkel und Lineal zuge- lassen. Nachdem dies für verschiedene Vielecke gelang, stellte sich die Frage, ob es möglich sei, einen Kreis allein mit Zirkel und Lineal in ein flächengleiches Quadrat zu verwandeln. Dieses Problem wurde als Quadratur des Kreises be- zeichnet. Im 19. Jahrhundert konnte man zeigen, dass man zu einem gegebenen Kreis nur dann ein flächen- gleiches Quadrat mit Zirkel und Lineal konstru­ ieren kann, wenn die Zahl π Lösung einer algebraischen Gleichung vom Grad n mit ganz- zahligen Koeffizienten ist. Im Jahre 1882 gelang C. L. F. Lindemann der Nachweis, dass π nicht Lö- sung einer solchen Gleichung sein kann. Damit war bewiesen, dass die Quadratur des Kreises un- möglich ist. Das Exhaustionsverfahren Die griechischen Mathematiker der Antike haben sich auch mit Flächenberechnungen beschäftigt. Zur Berechnung des Inhalts einer krummlinig be- grenzten Fläche entwickelten sie eine Methode, die als Exhaustionsverfahren bezeichnet wird. Diese Methode ist in den um etwa 300 v. Chr. er- schienenen Büchern von Euklid beschrieben. Be i sp i el : Berechnung des Kreisflächeninhalts nach der Exhaustionsmethode Es sei K r ein Kreis mit dem Radius r und K 1 ein Kreis mit dem Radius 1. Die Griechen zeigten: A(​K​ r )​ = ​r​ 2 ​· A(​K​ 1 ​). (Setzt man A(K 1 ) = π , erhält man die uns bekannte Formel A(K r ) = r 2 · π .) Der Be- weis wurde in zwei Schritten geführt, die hier nur kurz angedeutet werden: 1 . Schri tt : Man schreibt dem Kreis K r Vielecke ein und zeigt, dass der Inhalt A der Fläche durch die Inhalte dieser Vielecke mit beliebiger Genauig- keit approximiert werden kann. 2 . Schri tt : Aufgrund dieses Ergebnisses schließt man dann die Fälle A(K r ) > r 2 · A(K 1 ) und A(K r ) < r 2 · A(K 1 ) aus, womit nur der Fall A(​K​ r )​ = ​r​ 2 ​· A(​K​ 1 ​) übrig bleibt. Für A(K 1 ) = π kannten die Griechen Näherungs- werte. Archimedes (287– 212 v. Chr.) gab an: 3 ​ 10 _ 71 ​< π < 3 ​ 1 _ 7 ​. Die Griechen konnten mit dem Exhaustionsver- fahren nicht nur Inhalt und Umfang eines Kreises berechnen, sondern auch Volumen und Oberflä- cheninhalt von Zylinder, Kegel, Kugel, Kugelteilen, Rotationsparaboloid und Rotationshyperboloid. Parabelflächen Archimedes zeigte mit dem Exhaustionsver­ fahren: Der Inhalt des rot gefärbten Parabelab- schnitts macht zwei Drittel des Inhalts des Recht- ecks ABCD aus. Somit macht der Inhalt A der grün gefärbten Fläche ein Drittel des Inhalts des Rechtecks OBCE aus, ist also gleich ​ ​a​ 3 ​ _ 3 ​. Aus heuti- ger Sicht berechnete Archimedes den Inhalt der von der Funktion f mit f(x) = x 2 im Intervall [0; 1] festgelegten Fläche. Heute können wir diesen Inhalt mit Hilfe eines Integrals viel schneller ermitteln: A = ​ ​ : 0 ​ a ​ x​ 2 ​dx = ​ x​ ​ 3 ​ _ 3 ​ 1 ​ 0 ​ a ​= ​ ​a​ 3 ​ _ 3 ​ A a a a 2 0 B D C E A 3 . 4 Historisches zur Integralrechnung Die Quadratur des Kreises Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=