Mathematik verstehen 7, Schulbuch

247 12 . 7 historisches zu den zahlBereichen irrationale zahlen Die Pythagoräer untersuchten ua. verhältnisse von Saitenlängen am Monochord und entdeckten dabei, dass die musikalischen Intervalle durch einfache verhältnisse natürlicher Zahlen beschrieben werden können (Oktave 1 : 2, Quinte 2 : 3, Quarte 3 : 4 usw.). verhalten sich zwei Streckenlängen beispielsweise wie 2 : 3, so bedeutet dies, dass es ein „gemeinsames Maß“ gibt, welches in der einen Strecke zweimal und in der anderen Strecke dreimal enthalten ist (siehe die Abbildung). Die Pythagoräer nannten zwei Strecken kommensurabel, wenn es ein solches gemeinsames Maß gibt. Sie glaubten zunächst, dass zwei beliebige Strecken stets kommensurabel seien, dh. dass man immer ein gemeinsames Maß finden könne, auch wenn dieses sehr klein ist. Sie entdeckten aber später (möglicherweise war es hippasos von Metapont), dass es inkommensurable Strecken gibt, also Strecken, für die kein gemeinsames Maß gefunden werden kann. Dies gilt etwa für die Seite und Diagonale eines Quadrats oder die Seite und Diagonale eines regelmäßigen Fünfecks. Diese Erkenntnis wirkte wie ein Schock, da sie die Grenzen der griechischen Proportionenlehre aufzeigte. Durch verschiedene Reparaturen (zB durch eudoxos) versuchten die Griechen, ihre Proportionenlehre der geänderten Situation anzupassen. Eine wirkliche Lösung war aber erst möglich, nachdem das Problem von der Geometrie losgelöst wurde und die verhältnisse inkommensurabler Strecken durch irrationale Zahlen beschrieben wurden. Einen wesentlichen Anstoß zur Bildung der irrationalen Zahlen dürfte die Dezimalschreibweise geliefert haben. Denn wenn man Zahlen mit endlich vielen Nachkommastellen anschreiben darf, liegt der Gedanke nahe, auch solche mit unendlich vielen Nachkommastellen zuzulassen, auch wenn die Darstellung nicht periodisch ist. Wenngleich man diese Zahlen nicht genau angeben kann, kann man sie doch mit beliebig vorgegebener Genauigkeit annähern. Wenn man aber von Annähern spricht, setzt dies voraus, dass es Zahlen gibt, denen man sich annähert. Das sind die irrationalen Zahlen. Die Anerkennung der irrationalen Zahlen erfolgte jedoch zögernd. Lange Zeit befand man sich in einem Zwiespalt: Einerseits hatten die irrationalen Zahlen typische Eigenschaften von Zahlen (man konnte sie zB als Punkte auf der Zahlengeraden darstellen), andererseits empfand man sie doch nicht als „richtige“ Zahlen. Man nannte sie daher „absurde“, „irreguläre“, „unerklärliche“ oder „taube“ Zahlen. Auch der heute gebräuchliche Ausdruck „irrational“ ist ein Rest dieses Zwiespalts. Einer der Ersten, der die irrationalen Zahlen als vollwertige Zahlen anerkannte, war Simon Stevin (1548 – 1620), ein eifriger verfechter der damals durchaus noch nicht üblichen Dezimalschreibweise. Er erweiterte die Zahlauffassung von Petrus ramus und beschrieb eine Zahl im Wesentlichen als etwas, mit dem wir „Quantitäten“ ausdrücken, dh. mit dem wir zählen, rechnen und messen. Da beispielsweise zu einer exakten Längenangabe auch irrationale Maßzahlen erforderlich sind, zählen bei ihm auch die irrationalen Zahlen zu den Zahlen. Er erkannte, dass die reellen Zahlen (also die rationalen und irrationaSimon Stevin (1548 –1620) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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