Mathematik verstehen 7, Schulbuch

246 12 KompleXe zahlen Die ziffern 0, 1, 2, 3, …, 9 unseres heutigen Zehnersystems gehen auf die Inder zurück. Sie kamen allerdings über die Araber nach Europa und heißen deshalb heute „arabische Ziffern“. Die heute üblichen Rechenzeichen entstanden erst viel später. Die Zeichen „ + “ und „–“ tauchten (nach älteren vorläufern) im 15. Jahrhundert n. Chr. auf, etwas später auch die Zeichen „ · “ und „:“. So lange keine Rechenzeichen zur verfügung standen, wurden Rechengesetze nur verbal in sehr unübersichtlicher Form formuliert. Beispielsweise beschrieb der byzantinische Mathematiker leo (9. Jahrhundert n. Chr.) das Assoziativgesetz (α · β) · γ = α · (β · γ) = (α · γ) · β so: „Gegeben seien die Zahlen α, β, γ; das Produkt aus α, β sei δ, das Produkt aus β, γ sei ε, das Produkt aus α, γ sei ζ, das Produkt aus α, ε sei η, das aus β, ζ sei θ, das aus γ, δ sei ό. Ich behaupte, dass die Zahlen η, θ, ό einander gleich sind“. rationale zahlen Die Ursprünge der Bruchrechnung sind bei den Ägyptern und Babyloniern zu suchen. Während die Babylonier durch die verwendung eines Stellenwertsystems keine Probleme hatten, Brüche darzustellen, hatten die Ägypter mit ihrem NichtStellenwertsystem größere Schwierigkeiten. Sie stellten (mit wenigen Ausnahmen) nur Stammbrüche dar, dh. Brüche der Form ​ 1 _ n​, und zwar so, dass über das jeweilige Symbol für die natürliche Zahl n das Symbol für „Mund“ gesetzt wurde. Zum Beispiel: ​ 1 _ 3​= ​ 1 _ 6​= ​ 1 _ 11 ​= Brüche, die keine Stammbrüche sind, wurden in Summen von Stammbrüchen zerlegt, zum Beispiel: ​ 3 _ 8 ​= ​ 1 _ 4 ​+ ​ 1 _ 8 ​, ​ 40 _ 7 ​= 5 + ​ 1 _ 2 ​+ ​ 1 _ 7 ​+ ​ 1 _ 14​ Solche Zerlegungen waren oft sehr schwer zu finden und wurden in Tabellen festgehalten. Ein Rechnen mit diesen Darstellungen von Brüchen war natürlich eine äußerst komplizierte Sache und hinderte die Ägypter daran, eine Bruchrechnung im heutigen Sinn zu entwickeln. Die griechischen Philosophen wollten Bruchzahlen nicht als Zahlen anerkennen, weil sie die Einheit für unteilbar hielten. So schrieb etwa Platon (427– 347 v. Chr.): „Du weißt doch, dass die echten Meister in dieser Kunst einen auslachen und es nicht zulassen würden, wenn jemand es unternehmen würde, die Einheit in Gedanken zu zerschneiden, und wenn du sie zerteilen wolltest, so würden sie sie vervielfältigen und es nie geschehen lassen, dass die Einheit nicht als Einheit, sondern als viele Teile erschiene.“ Als Ersatz für die fehlende Bruchrechnung entwickelten die Griechen eine Lehre von den Proportionen (verhältnissen), mit der sie zunächst weitgehend auskamen. Bei den arabern, die die griechische Mathematik bewahrt und weiterentwickelt haben, wird die Frage, ob verhältnisse Zahlen sind oder nicht, bereits diskutiert, sie schafften es aber auch nicht, die griechische Zahlauffassung ganz zu überwinden und Bruchzahlen als vollwertige Zahlen aufzufassen. Dieses verdienst kommt erst Petrus ramus (1515 –1572) zu, der eine Zahl sinngemäß als etwas beschrieb, mit dem wir zählen und rechnen. Im „Rechnen“ ist bei ihm nachweislich auch das Rechnen mit Bruchzahlen eingeschlossen. Diese werden also erstmals als vollwertige Zahlen anerkannt. Die heutige Bruchschreibweise, bei der Zähler und Nenner durch einen Bruchstrich getrennt werden, geht auf die indische Zahlschrift zurück. Die Regeln der Bruchrechnung dürften um etwa 600 n. Chr. bereits bekannt gewesen sein, doch wurden sie noch nicht mit den heute üblichen Rechenzeichen angeschrieben. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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