Mathematik verstehen 6, Schulbuch

79 4 . 3 anwendungen von eXponent ialFunkt ionen „exponentielle Katastrophen“ Wir vergleichen mittels Technologieeinsatz die Exponentialfunktion f mit f(x) = 1,​1​ x ​mit der linearen Funktion g mit g(x) = 10 · x, beide Funktionen für x º 0. Es sieht zunächst so aus, als ob die lineare Funktion g wesentlich schneller wächst als die Exponentialfunktion f. Durch Zoomen kann man jedoch einen größeren Ausschnitt des Koordinatensystems erfassen und stellt fest, dass die Exponentialfunktion f die lineare Funktion g schließlich übertrifft. Die lineare Funktion g wächst nur für kleine Argumente wesentlich schneller als die Exponentialfunktion f. Etwas Ähnliches beobachtet man, wenn man die Exponentialfunktion f mit f(x) = 1,1 x mit der Potenzfunktion g mit g(x) = x 3 vergleicht: Auch die Potenzfunktion g wächst nur für relativ kleine Argumente schneller als die Exponentialfunktion. Man kann beweisen, dass eine Exponentialfunktion jede Polynomfunktion (und damit auch jede lineare Funktion und jede Potenzfunktion) bei genügend großem x übertrifft. Den Beweis führen wir nicht durch. Exponentielle Wachstumsprozesse werden in ihren Auswirkungen oft stark unterschätzt, weil das Wachstum zunächst langsam und beinahe linear verläuft (zB Bevölkerungswachstum). Man glaubt also, dass es immer so „harmlos“ weitergehen wird, doch kommt es früher oder später zu einer explosionsartigen Entwicklung und damit zu einer „Katastrophe“. Eine praktische Anwendung dieser Erkenntnis betrifft die Rechenzeit von Computeralgorithmen. Oft hängt die Rechenzeit T(n) eines Algorithmus im Großen und Ganzen von der Größe eines Parameters n ab (zB bei der Überprüfung, ob n eine Primzahl ist). Bei manchen Algorithmen wächst die Rechenzeit T(n) annähernd exponentiell mit n, dh. sie nimmt zunächst langsam zu, steigt aber für große Werte von n schließlich unerwartet stark an. Dies kann zum Beispiel zur Folge haben, dass die Rechenzeit für ein gewisses n wenige Minuten beträgt, für nur wenig größere n schon mehrere Jahre und für nachfolgende n so groß ist, dass der Algorithmus nicht mehr durchgeführt werden kann. Man bemüht sich deshalb, Algorithmen zu finden, bei denen T(n) nicht exponentiell wächst, sondern annähernd wie bei einer Polynomfunktion in n. Leider ist das bei vielen Problemen nicht gelungen und vermutlich auch nicht möglich. L f(x), g(x) x f g 100 10 20 30 40 200 300 f(x), g(x) x f g 20 60 100 200 400 600 800 1 000 1 200 f(x), g(x) x f g 10 30 50 200 400 600 800 1 000 1 200 f(x), g(x) x f g 100 200 300 5·10 6 1·10 7 1,5·10 7 2·10 7 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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