sprachreif HUM 3, Schulbuch

51 Appell an Staaten und Privat- personen Abschließend appelliert La Rue an Staaten, ihre nationalen Ge- setze zur Regulierung der Über- wachung zu überdenken und einen besseren Schutz der Pri- vatsphäre bei der Kommunika- tion sicherzustellen. Aber auch Privatpersonen seien gefordert, der Kommerzialisierung von Überwachungstechnologie rund um den Globus Einhalt zu gebieten, denn: „Ohne einen adäquaten Schutz der Privat- sphäre, Sicherheit und Ano­ nymität der Kommunikation kann sich niemand sicher sein, dass seine private Kommunika- tion nicht unter Beobachtung des Staates steht.“ QUELLE: http://futurezone.at/netzpolitik/uno-ueberwachung-gefaehrdet-meinungsfreiheit/24.597.828 ; (abgerufen am 06.03.2016) 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 Wie Überwachung die Meinungsfreiheit gefährdet Von Ineke Sass | 09.05.2016 Hand aufs Herz: Wer hat sich schon mal unwohl gefühlt bei der Nutzung von Facebook, WhatsApp oder Skype, beim Schreiben von E-Mails oder bei der Recherche im Internet? Wer hat vielleicht sogar den E-Mail-Anbieter oder den Messenger Service gewechselt oder Konten bei sozialen Medien gelöscht? Dem einen oder anderen wird dieses Verhalten wahrscheinlich bekannt vorkommen. Dass man damit nicht alleine ist, beweist eine Reihe von Studien zu dem sogenannten „chilling effect“. „Chilling effect“ beschreibt die Art des vorauseilenden Gehor- sams, eine Selbstzensur, die stattfindet, wenn Menschen da- von ausgehen, überwacht und beobachtet zu werden. Um et- waige spätere Konflikte zu ver- meiden, um nicht aufzufallen oder verdächtig zu erscheinen, wird von allem Abstand ge- nommen, was suspekt erschei- nen könnte. „Ich habe nichts zu verbergen“ hieß die gängige De- vise vieler Menschen nach den Enthüllungen von Edward Snowden, und dennoch gibt es Verhaltensänderungen in der Art und Weise, wie das Internet genutzt wird. Das kann drastische Auswir- kungen haben. So vermeiden es laut einer Umfrage des Litera- turverbandes PEN 24 Prozent der befragten Autorinnen und Autoren, bestimmte Themen in Te l e f onge s pr ä chen ode r E-Mails anzusprechen. 16 Pro- zent vermeiden es, über be- stimmte Themen zu schreiben oder öffentlich zu sprechen. Menschen schränken sich je- doch nicht nur insoweit ein, dass sie über gewisse Themen nicht mehr sprechen, sondern vermeiden es auch, politisch sensible oder eventuell unange- nehme Themen zu recherchie- ren. Laut dem „Pew Reserach Center“ haben elf Prozent der Befragten bestimmte Begriffe nicht in Suchmaschinen einge- geben, da sie befürchteten, dass dies negative Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Auch eine Studie von Alex Marthews und Catherine Tucker kam zu dem Ergebnis, dass nach den Enthüllungen von Snowden die Bereitschaft, bestimmte Begriffe zu suchen, deutlich gesunken ist. Immer schwieriger wird auch die Arbeit für Journalistinnen und Journalisten. Der Schutz von Quellen ist ein Grundpfei- ler journalistischer Arbeit. Doch immer häufiger stehen Journalistinnen und Journalis- ten vor demProblem, dass lang- jährige Quellen keine Informa- tionen mehr weitergeben, da sie sich nicht ausreichend vor Überwachungsmaßnahmen ge- schützt sehen. Der „chilling effect“ hat auch auf die Meinungsfreiheit gravie- rende Auswirkungen. Das zeigt eine Studie der „Wayne State University“. Das Bewusstsein, überwacht zu werden, führte bei einem Großteil der Befrag- ten dazu, dass die Wahrschein- lichkeit, sich zu Themen zu äußern, in denen sie eine gegen- teilige Position zu der herr- schenden Meinung vertraten, erheblich reduziert wurde. Al- lein die Tatsache, dass Überwa- chungsprogramme existieren und die Bevölkerung darüber Bescheid weiß, kann also dazu führen, dass abweichende Mei- nungen seltener geäußert wer- den. Das Schwierige an dem 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 Schreiben Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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