sprachreif HUM 3, Schulbuch

205 Urheberrecht ohnehin keine Rolle mehr. Ab die- semZeitpunkt wird nämlich jedes Werk gemein- frei. Warum aber heißt es in Museen trotzdem häufig, das Fotografieren sei verboten? Ein Grund für Fotografieverbote ist der konser- vatorische Schutz der Werke. Solche Verbote be- treffen aber meistens nur das Fotografieren mit Blitz. Ein anderer, viel wichtigerer Grund für Fo- tografieverbote sind die Leihgeber eines Muse- ums. Leiht ein Museum ein Werk für eine Aus- stellung aus, kommt es nicht selten vor, dass der Leihgeber ein Fotografieverbot aufstellt. Ich ste- he solchen Leihgeberverboten skeptisch gegen- über. Mir fällt es schwer einzusehen, was der Vorteil für den Leihgeber ist, wenn sein Werk nicht fotografiert werden darf. Hier dürften Mu- seen in den Verhandlungen mit den Leihgebern durchaus etwas selbstbewusster auftreten und sollten nicht jedes Fotografieverbot akzeptieren, aus Angst, die Leihgabe nicht zu erhalten. Ist in ständigen Sammlungen das Fotografie- ren demnach erlaubt? Grundsätzlich ja. Aber auch in der ständigen Sammlung können sich Leihgaben befinden. Zu- dem hat ein Museum natürlich immer aus sei- nem eigenen „Hausrecht“ die Möglichkeit, das Fotografieren zu verbieten. Davon möchte ich den Museen aber abraten. Gerade für junge Leu- te gehört das Fotografieren im Museum heute einfach dazu. Und junge Besucher benötigen die Museen dringend. Gibt es nationale Unterschiede? Ja, jedes Land dieser Welt kennt sein eigenes Ur- heberrecht. Aufgrund zahlreicher inter- und su- pranationaler Abkommen ist das Urheberrecht aber im Vergleich zu anderen Rechtsgebieten sehr standardisiert. Die größten Unterschiede gibt es bei den Ausnahmen vom Urheberrechts- schutz. So ist etwa die Schutzausnahme des be- reits erwähnten Privatgebrauchs in keinem Land genau gleich geregelt. Was passiert, wenn ich das Bild auf meinen Instagram-Account hochlade? Im Internetbereich ist in Bezug auf das Urheber- recht vieles unklar. Eine Art Dschungel, durch den es noch gilt, Pfade zu schlagen. Grundsätz- lich lässt sich sagen, dass das Hochladen eines im Museum gemachten Fotos eines urheberrecht- lich geschützten Werks genehmigungspflichtig ist. Es gilt jedoch wiederum ein „Aber“ anzu- bringen. Und zwar ein großes, da es viele Schutz­ ausnahmen gibt, die möglicherweise greifen. Welche Schutzausnahmen gibt es? Private könnten zum Beispiel versuchen, sich auf zulässigen Privatgebrauch zu stützen oder die Aktualitätsausnahme in Anspruch nehmen. Die- se sagt, dass es gestattet ist, ohne Genehmigung urheberrechtlich geschützte Werke zu verwen- den, wenn man über ein aktuelles Ereignis be- richtet. Bevor es soziale Medien gab, konnten sich eigentlich nur Medienhäuser auf diese Aus- nahme stützen. Aber mit den heutigen techni- schen Möglichkeiten, ist jeder in der Lage, über aktuelle Ereignisse zu berichten. Wieso sollte sich dann nicht auch jeder auf die Aktualitäts- ausnahme berufen dürfen? Ich habe die Erfah- rung gemacht, dass gerade ältere Kollegen von mir Nutzungen in sozialenMedien viel kritischer gegenüberstehen als ich. Den privaten Ins- tagrammern empfehle ich aber, nicht zu viel Angst vor dem urheberrechtlichen Internet­ dschungel zu haben: Tarzan hat das interessante- re Leben als die Maus, die sich aus Angst, geges- sen zu werden, in ihrer Höhle versteckt. Als Leitschnur würde ich das kommerzielle Interesse nehmen. Lädt man etwas hoch, um damit direkt oder indirekt Geld zu verdienen, ist es eher nicht erlaubt. Ansonsten schon. Was ist, wenn ich ein Museumsbild mit Freunden über Facebook teile? Hier gilt dasselbe wie bei Instagram. ... oder es auf einen Schlips oder die Kaffee­ tasse drucken lasse? Davon würde ich aus Geschmacksgründen abra- ten. Aus urheberrechtlicher Sicht kommt es wie- derum auf die Art der Verwendung des Schlipses oder der Tasse an. Will man die Schlipse und Tassen verkaufen, braucht man die Genehmi- gung des Urhebers. Will man nur selbst daraus trinken oder damit auffallen, darf man das auch ohne Genehmigung des Urhebers. 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 Schreiben Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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