sprachreif HUM 3, Schulbuch

11 Erobern wir uns die Nacht zurück Von Liddie Austin | 01.2015 Mehr Schlaf wünschen wir uns fast alle, doch häufig lassen wir ihn uns von Fernsehen, Handys und To-Do-Listen rauben. Der Psychologe Richard Wiseman von der Universität Herfordshire findet, dass wir die Bedeutung einer gesunden Nachtruhe unterschätzen. Heute klagt fast jeder über Schlafmangel. Warum ist das Thema so allgegenwärtig? Weil wir endlich erkennen, wie wichtig Schlaf für uns ist. In den vergangenen Jahren war der Ein­ druck entstanden, das Leben im Wachzustand sei der wichtigste Teil des 24-Stunden-Zyklus , weil wir nur dann richtig funktionierten. Die Kombination aus Arbeitsdruck, einer Medien- präsenz rund um die Uhr sowie dem unbe­ grenzten Zugang zum Internet hat zu einer Welt geführt, die nie mehr schläft. Wir haben die Nacht so kurz wie möglich gemacht. Jetzt erken­ nen wir allmählich, dass man so nicht leben kann. Wir müssen schlafen. Schlaf beeinflusst das Denken, Fühlen und das Verhalten imWach­ zustand. Wer nicht genug schläft, leidet sowohl physisch als auch psychisch. Also gibt es sehr viele Menschen, die zu wenig schlafen? In Amerika und Großbritannien leidet ungefähr ein Drittel der Menschen unter Schlafmangel . Sie schlafen weniger als sieben Stunden pro Nacht, werden innerhalb weniger Minuten nach dem Zubettgehen vom Schlaf überwältigt und wachen ohne Wecker gar nicht auf. Die Mehrheit der amerikanischen und britischen Kinder geht morgens erschöpft zur Schule. Ich nehme an, in anderen europäischen Ländern […] sieht es ähn­ lich aus. Schuld daran ist größtenteils die kons­ tante Berieselung mit künstlichem Licht, auch aus Laptops, Smartphones, Tablets. Diese Geräte funktionieren mit sogenanntem Blaulicht, das störend auf die Produktion von Melatonin wirkt, dem Schlafhormon. Man sollte daher ein, zwei Stunden vor dem Schlafengehen nicht mehr mit solchen Geräten arbeiten. Was sagt es über die Gesellschaft aus, dass so viele Menschen Schlafprobleme haben? Nicht viel Gutes. Wir haben eine Welt geschaf­ fen, in der wir ständig Reizen ausgesetzt sind, wir ignorieren unsere grundlegenden biologi­ schen Bedürfnisse. Die Folge von zu wenig Schlaf sind Stress und eine Neigung zu Ängsten. Wir können schlecht einschlafen oder wachen nachts häufig auf. Danach schleppen wir uns müde und unkonzentriert durch die Tage. Das wird allmäh­ lich zur Norm. Dass es auch anders geht, merkt man, wennman für kurze Zeit aus demHamster­ rad steigt, indem man beispielsweise zwei Wo­ chen in der Natur zelten geht – weit weg von künstlichem Licht und Ablenkung . Dann ent­ deckt man, wie viel Schlaf man wirklich braucht und wie gut es ist, wenn man ihn bekommt. Das Bewusstsein verändert sich, man fühlt sich fitter. Das kann eine echte Überraschung sein, denn viele haben vergessen, dass es ihnen so gut gehen kann. Es ist bitter, aber trotz allen Fortschritts fühlten sich unsere Vorfahren wahrscheinlich energiegeladener und wacher als wir. Wie viel Schlaf braucht ein Erwachsener? Immer wieder zeigen Studien, dass acht Stunden pro Nacht ausreichen. Weniger ist nicht gut, mehr aber auch nicht: Regelmäßig länger als neun Stunden pro Nacht zu schlafen ist unge­ sund, acht sind also ideal. Davon wird man glücklicher, schlanker, produktiver. Und es fällt einem leichter, das Rauchen aufzugeben, weil man mehr Willenskraft hat. Dennoch brüsten sich manche geradezu, mit drei Stunden Schlaf auszukommen … Ein Mythos! Auch solche Kandidaten schnar­ chen im Schlaflabor acht Stunden am Stück durch. Es gibt zwar in der Tat Menschen, die mit wenig Schlaf auskommen, aber die leiden an ei­ ner seltenen genetischen Abweichung. Der Rest der Menschheit braucht wirklich mindestens sie­ ben Stunden Schlaf pro Nacht. Nicht umsonst schlafen Säugetiere so viel. Das hat nichts mit Faulheit zu tun, mit der Schlaf oft assoziiert wird, sondern dient dem Überleben . Das gilt auch für 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 Zuhören und sprechen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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