sprachreif HUM 2, Schulbuch

74 fang erhalten und Ethik ergänzend etablieren“. Und Robert Lugar vom Team Stronach sieht „keinen Handlungsbedarf “. Neos: „Religion ist Privatsache“ Den radikalsten Schnitt würde Neos-Chef Mat- thias Strolz ziehen: „Wir brauchen in einer im- mer fragmentierteren Gesellscha›, in der zuneh- mend auch die Aufklärung in Gefahr ist, das Fach ‚Ethik und Religionen‘ für alle verp©ich- tend, und zwar ab der ersten Klasse. Das ist kein Luxusfach, sondern essenziell. Der kritisch-hin- terfragende Geist muss auch geschult werden.“ Und was passiert mit dem Religionsunterricht? Ist eine „Privatsache“ wie Religion an sich, sagt Strolz, der seine „Wertschätzung für Religionen“ betont, aber: „Die Trennung von Kirche und Staat ist wichtig. Die Schulen sollen Infrastruktur zur Verfügung stellen für Religionsunterricht, aber der Staat soll das nicht zahlen. Das ist Auf- gabe der Religionsgemeinscha›en, die müssen selbst zahlen.“ Grüne: „Der Staat muss reagieren“ Auch für den Grünen Harald Walser ist klar: „Wir brauchen einen verbindlichen Ethik- und Religionenunterricht mit staatlich ausgebildeten Lehrkrä›en für alle, nicht getrennt, beginnend in der Sekundarstufe II, im Endausbau ab der Volksschule.“ Erst recht, da mittlerweile ein Viertel der Bevölkerung konfessionsfrei sei: „Da muss der Staat reagieren“, fordert Walser, für den „religiöses Wissen auch allgemein etwas Not- wendiges ist“. Konfessioneller Unterricht „kann trotzdem stattªnden, aber auf freiwilliger Basis“ und unter Behebung „bekannter Missstände, vor allem im islamischen Religionsunterricht: kein Deutsch, eine sehr problematische Grundhal- tung bei vielen Lehrenden und sehr problemati- sche islamische Lehrbücher“, auf die Walser mehrfach hingewiesen hat. Jedenfalls seien „20 Jahre Schulversuch eigentlich illegal. Sie sollen etwas versuchen und nach fünf, sechs Jahren ent- scheiden.“ Rechnungshof verlangt Entscheidung Das sieht auch der Rechnungshof (RH) so. In ei- nem Bericht von 2015 nannte er Ethik als ein Beispiel für Schulversuche, die „das Erprobungs- stadium bereits überschritten“ hatten und „quasi dauerha› eingerichtet“ waren, dabei sollten sie „grundsätzlich zeitlich beschränkt erprobt wer- den“. Außerdem lägen bereits seit 2001 „evidenz- basierte Entscheidungsgrundlagen“ vor – damals wurde eine vomBildungsministerium beau›rag- te externe Evaluation präsentiert, in der der Ethi- kunterricht als „aus Sicht der Lehrer und Schüler positiv sowie pädagogisch notwendig“ beurteilt wurde. Der RH fordert – bislang erfolglos: „Auf eine Entscheidung hinsichtlich der Schulversu- che Ethik wäre hinzuwirken.“ Drei Modelle sind durchgerechnet Was würde die Implementierung eines Ethikun- terrichts kosten? Kommt darauf an, welche Vari- ante man möchte. 2011 wurden bei einer parla- mentarischen Enquete drei Modelle für die Sekundarstufe II skizziert: – Neuer P™ichtgegenstand Ein zusätzliches Fach Ethik mit ein oder zwei Stunden Unterricht käme auf rund 53 bzw. 106 Millionen Euro. – Alternativer P™ichtgegenstand Ethik für alle, die nicht Religion haben (wie jetzt im Schulversuch), würde rund 44 Millionen kosten. – Integriert in anderem Fach Ethik als Lehrplanbestandteil eines anderen P©ichtgegenstands (z. B. Philosophie) würde Kosten von rund 33 Millionen Euro bedeu- ten. Ethik statt Freistunde Kurzfristig wäre ein Umstieg auf Ethik als P©icht für alle ohnehin „nicht machbar“, meint ÖVP- Bildungssprecherin Jank, auch mit Blick auf die Fächerkonkurrenz. Sie betont außerdem, „dass Ethik kein Ersatz für Religion ist und umgekehrt. Das eine substituiert nicht das andere.“ Derzeit haben Schülerinnen und Schüler, die sich von Religion abmelden, an jenen Schulen, wo der Ethik-Schulversuch nicht läu›, eine Freistunde. Team-Stronach-Chef Lugar hält andere neue Fä- cher für wichtiger, etwa „Ernährungslehre, Wirt- scha› oder die tägliche Turnstunde. Ethik gehört da nicht dazu, die ist hauptsächlich in der Fami- lie zu vermitteln und nicht in der Schule, wo die Gefahr besteht, dass Parteipolitisches vermittelt wird.“ 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 122 124 126 128 130 Schreiben 2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=