sprachreif HUM 2, Schulbuch
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eater für Babys als Erwachsenensache Nirgendwo spürt man das derzeit vielleicht deut- licher als im eater für ganz junges Publikum, für die Allerkleinsten. Ein zumindest in Deutsch- land noch recht junger Zweig des Kinderthea- ters, der sich bei seiner Arbeit zuvorderst an den wissenschalich belegbaren körperlichen und geistigen Entwicklungsstufen seiner Zuschauer orientiert und sich somit ein Handlungsgerüst und seinen Spielraum baut. Eine weiterhin streit- bare Position der „jungen eaterkunst“, die an dieser Stelle auch nicht zur allgemeinen Diskus- sion gestellt werden soll, aber ein gutes Beispiel für die überstarke Rolle der Erwachsenen im eater für junges Publikum ist. Form und Spiel- weise werden hier klar an den Erfahrungen entlang gebaut, die wir Erwachsene mit den Allerkleinsten machen. Seien diese nun neurolo- gisch untermauert oder durch persönliche Erleb- nisse geformt. Inhalte und Geschichten scheinen vor allem die Erwartungen der Eltern an ein eater für Kleinkinder und Babys widerzuspie- geln, die in vielen Vorstellungen entweder selbst mit großer Rührung in den Augen zumZuschau- er werden oder – was häu¸ger der Fall ist – aus den Reaktionen ihrer eigenen und der anderen Kinder ihre persönliche Parallelveranstaltung bauen. Und genau an dieser Stelle wird es trotz aller Kri- tik auch wieder spannend. Wird doch hier ganz eindeutig der Erlebnis- und Erfahrungsraum der ganz jungen Zuschauer auf die Bühne gestellt. Wenn auch nicht immer beabsichtigt, so doch in einer ganz konkreten und ungeschminkten Form. Und war nicht genau das einer der wich- tigsten Ansätze des frühen Kinder- und Jugendt- heaters in seinen Anfangszeiten in den späten 1960er Jahren? Den pädagogischen Selbster- mächtigungsüberbau einmal abgezogen, stand dieWelt des Publikums damals ganz klar imVor- dergrund der „Gründerjahre“. Nun kann sich niemand sozialromantische Klischees und pe- dantische Aufklärungsnummern zurückwün- schen, aber die Wirklichkeit der jugendlichen Zuschauer, die Erfahrungen der kindlichen Be- sucher, die Welt der Heranwachsenden wären willkommene Gäste imeater für junges Publi- kum. Nicht die Abbildung der Realität durch Sprache und Bilder von Erwachsenen, sondern die ehrliche Ö¯nung für das Leben seiner Zu- schauer.
eater als Ort der Freiheit Dazu gehören jetzt nicht allein partizipative Pro- jekte, gemeinsame Entwicklungen mit Kindern oder Jugendlichen, sondern vielmehr die klare Sicht auf unsere Gesellscha und die ernst ge- meinte Einladung, gemeinsam mit dem jungen Publikum aus demeater einen Ort zu machen, der sich die Freiheit nimmt, Kunst zu machen. Und zwar mit all dem, was uns dieses Leben gibt. Mit den kleinen Geschichten vom Frühstücks- tisch, den Unerträglichkeiten des Erwachsen- werdens, den Unmöglichkeiten unseres Strebens, die Welt zu retten, und den versponnenen Al- bernheiten der späten Abende. Kurzum mit der Welt in und um uns herum. Und das gerade nicht mit der Vorsicht des pädagogisch Geschul- ten, nicht mit dem vorauseilenden Gehorsam der Sachverwalter und der mathematischen Berech- nung der Hoch¸nanz, sondern ganz im Sinne des Kunstaurags, für den wir im Kinder- und Jugendtheater genauso verantwortlich zeichnen wie die Künstler in den „großen“ Häusern. Einige eatermacher tun dies bereits. Und das nicht erst seit gestern und mit beachtenswerten Ergebnissen. Freie Gruppen wie pulk ¸ktion […] oder Follow e Rabbit, die mit Bühnenerzäh- lungen wie „Der kleine hässliche Vogel“ die Grenzen zwischen Schauspiel, Performance und Musik mit großer Leichtigkeit einreißen und Al- tersgrenzen dabei bestimmt und freudvoll außer Kra setzen. Eigenständige Häuser wie das Bon- ner eater Marabu inklusive seines Jungen En- sembles, das zuletzt mit Gerhard Meisters „In meinem Hals steckt eine Weltkugel“ ebenfalls einen entschlossenen Schritt in Richtung Spar- tenö¯nung vorgelegt hat und das mit einem ju- gendlichen Partizipationsprojekt, das gleicher- maßen klug wie politisch Stellung zur aktuellen Weltlage bezieht. Und auch einige kommunale Spartenhäuser arbeiten, wenn auch etwas leiser, an dieser Neupositionierung des Jungen ea- ters. An der bewussten Au±ösung der alten Ab- machungen und Grenzen, der mutigen Ö¯nung des eaterraums. Und das im vollen Bewusst- sein der Herausforderungen und Risiken, die es braucht, um das eater für junges Publikum als 118 120 122 124 126 128 130 132 134 136 138 140 142 144 146 148 150 152 154 156 158 160 162 164 166 168 170 172 174 176 178 180 182 184 186 188 190 192 194 196 198 200 202 204 206 208 210 212 Schreiben Kompetenz- check Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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