sprachreif HUM 2, Schulbuch

129 Jim Morrison singt When e Music’s Over und e End . Als habe er bereits zu Lebzeiten nach seinem eigenen Requiem gesucht. Mit dieser Fülle von erdrückenden Beweisen widerlegt die Großausstellung ihre —ese selber. In der Popmusik lauert der Tod nicht wie ein Stö- renfried im Schatten. Er wird keineswegs ver- drängt aus dem modernen, säkularen Alltag wie die Amtskirchen es laut beklagen. Niemand wird im Pop so gern gesehen wie der Sensenmann. Die dunkle ist die hellere Seite. Das Gebot der Totenruhe ist endgültig außer Kra– gesetzt. Seit Buddy Holly 1959 jung verun- glückte und mit ihm nicht nur zwei Kollegen, sondern gleich auch „der Rock’n’Roll“, gilt Buddy Holly als unsterblich. Eddie Cochran sang da- mals das Requiem, ree Steps In Heaven und ree Stars , dann starb er selbst. Als Elvis Presley 1977 tot von der Toilette kippte, startete er eine beispiellose Weltkarriere. Die Kapelle aus Las Vegas ging mit ihm als Videoleinwand auf Tournee. Er warb für Turnschuhe. Er hält den Spitzenplatz der Forbes-Liste zu den Einkün–en der „Dead Celebreties“. Er ist beileibe nicht der einzige Popstar, dessen Einkün–e aus Lebzeiten vergleichsweise bescheiden wirken gegen seine himmlischen Bilanzen. Tote werden überhäu– mit Grammys wie Ray Charles. Sie feiern Wiederauferstehung durch die Wiederaufbereitung hinterlassener Heim-Tonbänder wie John Lennon. Sie werden postummit Robbie Williams zumDuett gepresst wie Frank Sinatra. Death Is Not e End , sang schon Bob Dylan. Seit sich Rockmusik nicht mehr als pubertärer Irrsinn abtun lässt, gilt sie als Religionsersatz. Der Rock wird unter- oder überschätzt, als gäbe es dazwischen nichts. Die Anbetung und der Er- lösungsglaube existieren allerdings so ziemlich in der Mitte zwischen Wahn und Religion. […] 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 Geben Sie den Inhalt des Abschnitts mit eigenen Worten und in maximal zwei Sätzen wieder. A32 Einen Leserbrief schreiben Schritt 1: Planen Geben Sie den Inhalt des Abschnitts mit eigenen Worten und in maximal zwei Sätzen wieder. A33 110 112 114 116 118 120 122 124 126 128 130 132 134 136 138 140 142 Früher Tod scha†Mehrwert – sagen Ökono- men Starruhm und Ikonenha–igkeit gelten heute als Himmelreich auf Erden. Auch die Sehnsucht da- nach lässt sich mit der herkömmlichen Sehn- sucht nach dem Tod vergleichen. I Hate Myself And I Want To Die , sang Kurt Cobain, bevor er starb. Und nicht umsonst speisen sich Gothic und Black Metal aus einer Verachtung alles Welt- lichen, also des Daseins, wie es ist. Der Neureiche im Reich der Toten heißt Tupac Shakur, starb 1996 seinen Heldentod im Hip- Hop-Krieg und wandelt jedes Jahr über den Weihnachtsmarkt mit einem neuen Album. Mit Bob Marley hat Tupac nach seinem Tod gesun- gen. Auch mit seinem ebenfalls gewaltsam früh dahin gegangenen Widersacher —e Notorious B.I.G., von dem der Sinnspruch stammt: „I’m glad, I’m dead“. Im Stalinismus wurden tote Feinde aus den Zeugnissen getilgt. Im Pop wer- den die Toten überall ins Bild gemalt. Es gibt verschiedene Arten, in der Popkultur über den Tod zu reden. Popstars sind unsterb- lich, sagen—eologen. Erst der Tod scha›Mehr- wert, sagen Ökonomen. Tote machen keinen Ärger, fordern keine unsittlichen Summen und besitzen Hinterbliebene, mit denen sich vernünf- tiger Geschä–e machen lassen. Michael Jackson hat sich schon als junger Mann im Video als Zombie inszeniert und sich danach vor aller Welt in einen Untoten verwandelt: Zombies sind längst keine Botschafter des Bösen mehr. Als strahlende Märtyrer sind sie zur ewigenWander- scha– verp¬ichtet. Im April wandern auch die Gronauer Exponate weiter. Ins Kasseler Museum für Sepulkralkultur. Indem der Pop sich heute o†ensiver mit dem Tod befasst als das Bestattungswesen und die Kirche, wird der Tod wieder alltäglicher. Alltäg- lich wie die Drogen, die man früher nahm, um 144 146 148 Schreiben Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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