sprachreif HUM 2, Schulbuch

113 diese Form der Ungleichbehandlung […] Über- legenheitssemantik. Die […] Zusammengehö- rigkeitssemantik […] zeichnet sich durch Sym- metrie zwischen den Redenden aus. Die horizontale Dimension kann sich sowohl auf der DU-, als auch auf der SIE-Ebene abspielen. Doch schon Ende der 1960er Jahre bricht das se- mantische Kartenhaus von Gilman und Brown in sich zusammen. Durch die DU-Expansion der Studentenbewegung werden die gewohnten Strukturen auf den Kopf gestellt. Die plötzliche Verweigerung von SIE und Titel (Professor, Dok- tor) in der Ansprache ist der provokative Ver- such, Hierarchie mit sprachlichen Mitteln abzu- bauen. Die Studenten politisieren die Anrede stärker als zuvor und machen sie zu einer Art Weltanschauungskomponente. […] Leben wir inzwischen in einer ho nungslos ver- duzten Gesellscha¥? In vielen Betrieben duzt je- der jeden. Eine Studie belegt: Egal, ob DU oder SIE, Krawattenzwang oder Jeans, die innerbe- triebliche Hierarchie bleibt stabil. […] Bessere Freunde scheinen wir auch durch das DU nicht geworden zu sein. Eine aktuelle Umfrage ergab: Bei vielen kommt das Duzen nicht mehr gut an. […] Sprachwissenscha¥ler beobachten einen Trend zurück zum SIE. Gerade die jüngere Generation scheint förmlicher geworden zu sein und benutzt verstärkt das SIE. Ist dies nun ein Zeichen für die Rückkehr zu Spießigkeit und Klassengesell- scha¥? […] Lutz Kuntsch, Mitarbeiter der Ge- sellscha¥ für Deutsche Sprache in Wiesbaden, sagt: „Das SIE zeigt nicht nur Distanz, sondern auch Respekt.“ Er ²ndet es grundsätzlich schön, aus verschiedenen Möglichkeiten wählen zu können. […] QUELLE: P.M. Magazin. 12/2012. S. 42–45. 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 122 124 126 Infobox der Knigge : Buch mit Verhaltensregeln in einem bestimmten Bereich; benannt nach Adolph Freiherr Knigge (1752–1796): Über den Umgang mit Menschen Hennes & Mauritz : eine schwedische Modehauskette Semantik : hier: Bedeutung Hierarchie : Rangordnung Offener Brief An Ihrer Schule wird über ein generelles Handyverbot diskutiert. Zu diesem Thema haben Sie in einer Tageszeitung den Artikel Smartphones verbannen ist einfach, aber nicht klug gelesen. Sie entschließen sich dazu, einen offenen Brief an die Direktion Ihrer Schule zu schreiben, um gegen ein allgemeines Handyverbot zu protestieren. Verfassen Sie einen offenen Brief und bearbeiten Sie dabei die folgenden Arbeitsaufträge: • Schildern Sie unter Bezugnahme auf den oben genannten Artikel die Vor- und Nachteile der Nutzung von Handys an Schulen. • Erläutern Sie, weshalb die Einführung eines Handyverbots an Ihrer Schule nicht von Vorteil wäre. • Appellieren Sie mithilfe eines Kompromisses, der zur größeren Zufriedenheit der gesamten Schulgemeinschaft in Bezug auf Handys führen könnte, an die Direktion. Schreiben Sie zwischen 540 und 660 Wörter. 6 Schreiben Nur zu Prüfzwecken – Eigent m des Verlags öbv

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