sprachreif HAK/HTL 3, Schulbuch

144 mit hinaus sandte, gegen die Einsprache der Mutter. Es schien, da er es mit ernsthaften und gesalbten Worten tat, als ob er mit dieser Ar- beitsstrenge gegen sein eigenes Blut das Unrecht betäuben wollte, in dem er lebte und welches nun begann seine Folgen ruhig zu entfalten. Das ausgesandte Völklein jätete inzwischen lustig an dem Unkraut und hackte mit Vergnügen an den wunderlichen Stauden und Pflanzen aller Art, die da seit Jahren wucherten. Denn da es eine außerordentliche, gleichsam wilde Arbeit war, bei der keine Regel und keine Sorgfalt erheischt wurde, so galt sie als eine Lust. Das wilde Zeug, an der Sonne gedörrt, wurde aufgehäuft und mit großem Jubel verbrannt, dass der Qualm weit­ hin sich verbreitete und die jungen Leutchen darin herumsprangen wie besessen. Dies war das letzte Freudenfest auf dem Unglücksfelde, und das junge Vrenchen, Martis Tochter, kam auch hinausgeschlichen und half tapfer mit. Das Ungewöhnliche dieser Begebenheit und die lus- tige Aufregung gaben einen guten Anlass, sich seinem kleinen Jugendgespielen wieder einmal zu nähern, und die Kinder waren recht glücklich und munter bei ihrem Feuer. Es kamen noch an- dere Kinder hinzu und es sammelte sich eine ganze vergnügte Gesellschaft; doch immer, so- bald sie getrennt wurden, suchte Sali alsobald wieder neben Vrenchen zu gelangen, und dieses wusste desgleichen immer vergnügt lächelnd zu ihm zu schlüpfen, und es war beiden Kreaturen, wie wenn dieser herrliche Tag nie enden müsste und könnte. Doch der alte Manz kam gegen Abend herbei, um zu sehen, was sie ausgerichtet, und obgleich sie fertig waren, so schalt er doch ob dieser Lustbarkeit und scheuchte die Gesell- schaft auseinander. Zugleich zeigte sich Marti auf seinem Grund und Boden und, seine Toch- ter gewahrend, pfiff er derselben schrill und ge- bieterisch durch den Finger, dass sie erschrocken hineilte, und er gab ihr, ohne zu wissen warum, einige Ohrfeigen, also dass beide Kinder in gro- ßer Traurigkeit und weinend nach Hause gin- gen, und sie wussten jetzt eigentlich so wenig, warum sie so traurig waren, als warum sie vor- hin so vergnügt gewesen; denn die Rauheit der Väter, an sich ziemlich neu, war von den arg­ losen Geschöpfen noch nicht begriffen und konnte sie nicht tiefer bewegen. QUELLE: http://gutenberg.spiegel.de/buch/romeo-und-julia-3370/2 ; (abgerufen am 24.04.2016, an neue Rechtschreibung angepasst) Vergleichen Sie nun die beiden Textstellen mithilfe der folgenden Tabelle: Kriterium Text 1 (Fontane) Text 2 (Keller) Klarheit der Sprache Real wirkende inhaltliche Darstellung Beschreibung der Charaktere Beschriebene Situation Konfliktentwicklung/ Problematik A46  Merkenswert: Poetischer Realismus Der poetische Realismus ist die deutsche Variante des Realismus und wird so genannt, weil er etwas verspielter und weniger streng als die Ausprägung dieser Strömung in anderen Ländern war. 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 122 124 126 128 130 132 134 136 138 140 142 144 Reflexion Literatur 4  Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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