sprachreif HAK/HTL 2, Schulbuch

58 Wi(e)der die Religion Von Olja Alvir | 07.01.2013 Wie viele religiöse Zugeständnisse sollte man in öffentlichen Räumen wie Schulen machen? Themenwoche Religion auf daStandard.at Die Weihnachtsferien sind zwar vorbei, trotzdem werden demnächst einige Bänke in Schulen frei bleiben. Schüler mit serbischen Wurzeln beispielsweise werden die ersten Schultage verpassen. Denn genau zu Schulanfang feiern orthodoxe Christen nach dem julianischen Kalender am 6. und 7. Jänner das Weihnachtsfest und am 13. Silves- ter. Serbisch-Orthodoxe begehen aber auch die „Slava“, ein Schutz- heiligen-Fest – doch jede Familie hat hier ihren eigenen Schutzheili- gen und daher ihr eigenes Datum. Mit der wachsenden Diversität unter den Schülern kommen immer neue konfessionelle Feiertage dazu, etwa alevitische und buddhistische. Wundersame Vermehrung der schulfreien Tage Empfohlen wird vom Bildungsministerium, diesen und etwa auch muslimischen Kindern das Fernbleiben von der Schule an „ihren“ Feiertagen zu gestatten. Die Entscheidung über die Befreiung vom Schulbesuch aus religiösen Gründen obliegt jedoch der Schulleitung beziehungsweise der Lehrperson. Meist wird das Fehlen erlaubt, manchmal aber an den Besuch des jeweiligen Religionsunterrichts gekoppelt. Eine gewisse Willkür ist dem nicht abzusprechen. Geson- derte schulfreie Tage für Konfessionslose sind übrigens nicht vorge- sehen. Wie Pflichtschulen mit der Religionsvielfalt umgehen, ist ein Sinn- bild für die Herausforderungen, die sich in einer multikulturellen, multikonfessionellen Einwanderungsgesellschaft stellen. Und veran- schaulicht auch, dass es in Österreich noch an einer durchdachten Lösung und einheitlichen Regelungen fürs Zusammenleben fehlt. Der momentane Umgang fußt nämlich mehr auf „Gewohnheits- recht“ als auf kritischer und bedachter Auseinandersetzung mit Re- ligion und ihrem Einfluss auf die Gesellschaft. Zwischen Toleranz und negativer Religionsfreiheit Denn seien es Feiertage und Kreuze in der Schule, kopftuchtragende Lehrerinnen, Mohammed-Karikaturen, Minarette, halal und kosche- re Verpflegung beim Bundesheer oder Krankenhauszimmer mit Ori- entierung nach Mekka – die hoch polarisierenden Fragen bleiben dieselben: Wie organisiert man den öffentlichen Raum in einer Ge- sellschaft, in der verschiedene Religionen das Leben der Menschen prägen? Wie weit geht Toleranz gegenüber der vorhandenen Plurali- tät und wo sind ihre Grenzen? Wie kommt man jenen entgegen, die unter dem Deckmantel der Pluralität mit und aus Religion Politik machen und umgekehrt? Und wie verhalten sich Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit zueinander? 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 Eine Textanalyse schreiben Schritt 1: Planen Schreiben 2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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