sprachreif HAK/HTL 2, Schulbuch
200 mum nicht zu erreichen, dann besonders hoch ist, wenn es aus einer bildungsschwachen Familie kommt und mit anderen in einer Klasse ist, die ebenfalls aus sozial schwachen Familien stam- men. Georg KraftKinz: Für Migranten sind Chancen desaströs. Es gibt einen Statusfatalimus von El- tern, die sagen: „Du brauchst nicht mehr können als ich.“ Diese Eltern kooperieren zu wenig mit den Schulen. Das wäre aber nötig, solange wir noch keine gute Ganztagsschule haben, gegen die sich viele stemmen. Wir gehen mit den Talenten fahrlässig um und erkennen nicht die Potenziale, die Migranten aus den Herkunfts- ländern mitbringen. Erika Tiefenbacher: An meiner Schule konzen- trieren sich die Ärmsten und Schwächsten unse- rer Gesellschaft, deren Eltern nicht das leisten, was AHS-Eltern ermöglichen – nämlich persön- liche Unterstützung oder Geld für Nachhilfe. Ich würde mir da eine bessere Durchmischung wün- schen: ein Drittel Kinder, die etwas aufholen müssen, ein Drittel Durchschnitt und ein Drittel geförderte Schüler. So kann ich etwas bewegen. Da lernen alle voneinander. BeimThema Gemeinsame Schule preschen die Vorarlberger vor. Der richtige Schritt? Christoph Neumayer: Sie funktioniert, wenn man es richtig macht und die Ressourcen zur Verfügung stellt. Wir sind glücklich, dass die Vorarlberger das angehen. Diese Signalwirkung war wichtig. Wir dürfen nicht selektieren, son- dern müssen alle Kinder mitnehmen. Dazu braucht es größtmögliche Autonomie und innere Differenzierung. Dazu muss man Lehrer aber be- fähigen zu unterrichten. Derzeit sind sie zu viel mit Administration beschäftigt. Der Kindergarten würde mehr Chancen gerechtigkeit schaffen. Spiel: Längsstudien zeigen, dass wir hier die bes- te Rendite haben. Personen, die einen Kinder- garten besucht haben, sind als Erwachsene selte- ner arbeitslos, weniger häufig kriminell und verdienen mehr. Auch in der Schule sind sie leis- tungsstärker und emotional stabiler, weil sie sel- tener erleben, dass sie scheitern. Das Problem ist, dass Ideologie, Geld und der Kompetenzwirr- warr Reformen behindern. Was mir im Bil- dungsbereich immer wieder fehlt, ist ein strategi- sches Vorgehen. Wir müssten sagen: Hier stehen wir. Wie müssen wir vorgehen, was müssen wir tun, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen? Wäh- rend des Umsetzungsprozesses muss man dann eingreifen, wenn etwas falsch läuft. Neumayer: Elementarbildung ist Bildung – das ist immer noch nicht in den Köpfen. Die Pädago- gen sind zu schlecht bezahlt, wir haben zu wenig Männer in den Kindergärten. Wir brauchen eine bessere Ausbildung, mehr Qualität. Und ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr für alle. Zurück zur Schule. Viele fordern mehr Autonomie für die Standorte. Was bringt diese? Tiefenbacher: Ich hätte gerne die Flexibilität, Schwerpunkte zu setzen, Fächer und Stoff so ein- zuteilen, wie es sinnvoll wäre – unabhängig von Schuljahr und Stundenplan. Schön wäre auch, wenn sich die Schulleitung für die schulischen Schwerpunkte ihre Pädagogen aussuchen könn- te. Auch Lehrer sollen ihren Standort wählen könnten. Diese Autonomie ermöglicht es, auf spezielle Situationen zu reagieren: Wenn ich plötzlich viele Kinder aus dem Ausland habe, müsste ich Deutschkurse errichten. Im Herbst, wenn Schüler Lebensläufe schreiben müssen, sollten wir zur individuellen Förderung Ressour- cen verwenden, die wir ab Jänner anderwärtig nutzen. Wir brauchen innerhalb der Schule mehr Spielraum. Neumayer: Wir unterschätzen Direktoren und Pädagogen, wenn wir denken, dass sie die Bil- dungsziele nicht erreichen. Direktoren brauchen Personalautonomie. Dazu muss sich das Dienst- recht ändern. Wenn die Leistung eines Lehrers nicht passt, muss ich mich trennen können. Spiel: Gut wäre, wenn am Standort entschieden werden könnte, welche Unterstützung die Schule braucht – abhängig von der Zusammensetzung der Schüler. Autonomie bedeutet Verantwor- tung, auch für die Qualitätssicherung: Die Direk- tion muss dafür sorgen, dass z. B. Mindeststan- 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 114 116 118 120 122 124 126 128 130 132 134 136 138 Zuhören und sprechen Semester- check Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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