sprachreif HAK/HTL 2, Schulbuch

164 Diskutieren Sie mit Ihrer Partnerin bzw. Ihrem Partner, ob die ironische Darstellung der Entwicklung Kants heute ernst genommen werden kann. Sind Sie der Meinung, dass sich Kant heute so ent- wickeln würde? Warum? Das Theater in der Aufklärung Da sich die Aufklärer ja insbesondere gegen die Mächtigen, also den Adel, das Königshaus und die Kirche richten, wirkt sich dies auch auf die Literatur aus. Hier werden neue, teils für die Autorin oder den Autor riskante Aussagen getätigt und Forderungen gestellt. Eines der bekanntesten Werke der Aufklärung ist Gotthold Ephraim Lessings Nathan der Weis e, in dem die Religionsfreiheit propagiert wird. Lesen Sie den folgenden Auszug aus Lessings Stück. Hier begründet der Sultan Saladin, warum er Nathans Meinung hören möchte. Unterstreichen Sie seine Begründungen im Text. Beantworten Sie anschließend für sich selbst folgende Frage: Kann man den Begründungen Saladins Glauben schenken? Überprüfen Sie Ihre Meinung, indem Sie entweder in Ihrem Literaturbuch oder online eine Inhaltsangabe des Stückes lesen. Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise Saladin. Ich heische deinen Unterricht in ganz Was anderm; ganz was anderm. Da du nun So weise bist: so sage mir doch einmal Was für ein Glaube, was für ein Gesetz Hat dir am meisten eingeleuchtet? Nathan. Sultan, Ich bin ein Jud’. Saladin. Und ich ein Muselmann. Der Christ ist zwischen uns. Von diesen drei Religionen kann doch eine nur Die wahre sein. Ein Mann, wie du, bleibt da Nicht stehen, wo der Zufall der Geburt Ihn hingeworfen: oder wenn er bleibt, Bleibt er aus Einsicht, Gründen, Wahl des Bessern. Wohlan! so teile deine Einsicht mir Dann mit. Laß mich die Gründe hören, denen Ich selber nachzugrübeln, nicht die Zeit Gehabt. Laß mich die Wahl, die diese Gründe Bestimmt, versteht sich, im Vertrauen wissen, Damit ich sie zu meiner mache. Wie? Du stutzest? wägst mich mit dem Auge? Kann Wohl sein, daß ich der erste Sultan bin, A37 B A38 bedienen!“, ist der stets kränkliche Handwerker- sohn zum wichtigsten Vordenker der deutschen Aufklärung geworden. Wie Kant heute wäre? Er würde in der kleinsten Bude des Studentenwohnheims leben, dort, wo es günstig ist. Die Mädchen schätzen ihn für sei- ne kluge, charmante Art, doch dass Kommilito- nen bei StudiVZ Mädels anflirten, bleibt ihm fremd. Auch dass sein Kumpel ein Erasmus-Jahr in Barcelona macht, kann er nicht verstehen – seine Heimat reicht ihm vollkommen. Kant ist viel daheim, lebt von Bafög, schaut Billard- und Pokerturniere im Sportfernsehen und ersteigert gebrauchte Kleider im Internet. Seit er mit seinem Ethikblog www.moralund- alltag.de einen Wettbewerb gewonnen hat, will er sich nicht mehr auf eine Uni-Karriere festle- gen. Ihm macht es Freude, seinen Lesern Tipps zur ethisch korrekten Lebensführung in Zeiten der Rezession zu geben. Einfühlsam beantwortet er ihre Fragen, auch die von davidhume76, ei- nem Leser aus London, der immer Widerworte gibt. Und wenn ihn Verwandte fragen: „Was willst du mit deinem Philosophiestudium später arbeiten?“, dann sagt er: „Ein Philosophisches Quartett im Fernsehen moderieren, so wie dieser Sloterdijk, aber vernünftiger.“ QUELLE: https://www.zeit.de/campus/2009/04/ehemalige-kant ; (abgerufen am 12.10.2018) 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 Reflexion Literatur 5 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=