sprachreif HAK/HTL 2, Schulbuch

163 Der Artikel Kritik der reinen Brunft wirft einen Blick auf Kant aus damaliger und heutiger Sicht. Lesen Sie den Artikel und erstellen Sie eine chronologische Liste mit wichtigen Ereignissen in Kants Leben. A36 Kultur- Portfolio S Kritik der reinen Brunft Von Christine Knust | 10.06.2009 Immanuel Kant finanzierte sein Studium mit Billard-Turnieren und hatte nie eine Freundin. Was wäre heute aus ihm geworden? Teil 17 einer Serie über Studenten von früher Wäre dieser Zufall nicht gewesen, dann wäre der junge Emanuel Kant – mit E und nur einem m – wohl Riemermeister geworden, wie sein Vater auch, und hätte täglich in der Werkstatt gestan- den und Pferdegeschirre und Schuhsohlen ge- näht, anstatt über Metaphysik und andere hoch- geistige Theoreme nachzugrübeln. Dass Emanuel einmal ein großer Philosoph werden konnte, so groß, dass sich noch 300 Jahre später Menschen als „Kantianer“ bezeichnen, verdankt er letztlich der pietistischen Bibelstunde, in die seine Eltern ihn schicken. Dort unterrichtet der Rektor des Collegium Fridericianum, der besten Lateinschule des Landes. Ihm fällt Kants wacher Geist auf, und er lädt ihn ein, seine Schule zu be- suchen, in der sonst nur die Kinder der Königs- berger Oberschicht verkehren. Kant ist ein guter Schüler, fast immer Klassen- bester, aber gerne geht er nicht in den Unterricht. Der „Gängelwagen der Regeln“, schimpft er spä- ter, „verdirbt die Genies“. Als Kant dreizehn Jah- re alt ist, stirbt seine geliebte Mutter, drei Jahre später schließt er die Schule ab. Für welches Fach er sich dann 1740 an der Albertina einschreibt, der Universität Königsberg, geht aus den Quellen nicht hervor; man vermutet, dass er Vorlesungen in Philosophie, aber auch in Theologie besuchte, was auch sonst. In seiner Studienzeit ist Kant ein Stubenhocker – seine Heimatstadt verlässt er nie, und ein wil- des Studentenleben führt er auch nicht. Die Sauf- gelage und Prügeleien seiner Kommilitonen fin- det er würdelos, für Mädchen interessiert sich der Bücherfreund nicht; ein Umstand, der viel- leicht auf Gegenseitigkeit beruht: Kant ist klein und dünn, leidet an schwachen Nerven, Herz- und Atemproblemen; er kann keine frisch ge- druckte Zeitung lesen, ohne niesen zu müssen. Die meiste Zeit sitzt er lesend in der Stube oder unternimmt Spaziergänge, um seine Lunge an der frischen Luft zu kurieren. Das Geld, das ihm sein Onkel und ein Freund schicken, ist knapp: Wenn er einen Termin hat, mit dem Ausbessern seiner löchrigen Kleider aber nicht fertig wird, leiht er sich Hosen, Herrenrock und Stiefel von einem ebenso klammen Freund, der dann im Unterhemd zu Hause auf ihn wartet. Über Wasser hält sich Kant mit Nachhilfestun- den in Philosophie, wofür er von seinen Kommi- litonen Bares oder teure Köstlichkeiten wie Weißbrot und Kaffee bekommt. Und zum Glück beherrscht er Billard und Kartenspiele, seine ein- zigen Hobbys, so gut, dass er damit in den Kaf- feehäusern Königsbergs ein bisschen Geld ver- dienen kann. Als 1746 auch sein Vater stirbt, muss Kant für seine Geschwister sorgen. Er nennt sich nun „Immanuel“, warum, das weiß man nicht genau, vermutlich weil es die Urform seines Namens ist und bedeutsamer klingt. Er schreibt ein Buch mit einer neuen Theorie zur Kraftmessung, die Gedanken von der Schätzung der lebendigen Kräf- te , doch niemand interessiert sich dafür. Ent- täuscht verlässt Kant seine Heimatstadt und wird mit 24 Jahren Hauslehrer auf dem Land, damals ein typischer Job für mittellose Akademiker. Spä- ter kehrt er zurück und wird als Universitätsdo- zent so etwas wie ein Lebemann: ein gern gese- hener Partygast, der in der Königsberger Upperclass verkehrt und elegante Kleidung trägt. Einige Zeit später erfüllt sich sein akademischer Traum, Kant erhält eine Professur für Logik und Metaphysik an der Königsberger Universität. Sein Hauptwerk, die Kritik der reinen Vernunft , macht ihn 1781 im ganzen Land bekannt. Und als er dann drei Jahre später in einem Essay sei- nen unsterblichen Satz schreibt: „Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 Reflexion Literatur Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Verlags öbv

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