sprachreif HAK/HTL 1, Schulbuch

171 Foodwatch Aufgepeppte Lebensmittel − getäuschte Konsumenten Von Andrea Möchel | 10.02.2014 Joghurt mit künstlich zugesetzten Vitaminen geht als gesundes Produkt durch − unabhängig davon, wie viel Zucker es enthält. Wien. „Was halten Sie für die größten Gefahren für Ihre Gesundheit?“, wollte kürzlich das Deut- sche Bundesinstitut für Risikobewertung wissen. Und siehe da, gleich nach Umweltverschmut- zung und radioaktiver Strahlung fürchten sich die Deutschen ammeisten vor ihren Lebensmit- teln. Von Gammelfleisch bis Pestizid-Gemüse − Essen macht auch hierzulande vielen Menschen Angst. KeinWunder, dass Lebensmittel, die Gesundheit versprechen, ein äußerst lukratives Geschäft sind. Und genau das stößt Konsumentenschüt- zern sauer auf. „Verbraucher werden im Super- markt regelmäßig mit irreführenden Gesund- heitsversprechen getäuscht − und das ganz legal“, behauptet die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch und hat eine Kampagne gegen den „Schwindel mit Gesundheitswerbung“ gestartet. Gefordert wird nicht weniger, als die gesund- heitsbezogene Werbung für Lebensmittel gene- rell zu verbieten. Gescheiterte EU-Verordnung? Dabei dürfen Unternehmen seit Dezember 2012 ohnehin nur noch mit Gesundheitsversprechen werben, die offiziell genehmigt wurden. Geregelt wird dies durch die Health-Claims-Verordnung der EU. 2300 Werbeaussagen wurden von ihr mittlerweile auf ihren Wahrheitsgehalt über- prüft, ganze 222 davon haben die Zulassung ge- schafft. Erlaubt sind Aussagen wie „Reich an Vitamin C“, „zuckerfrei“ oder „salzarm“. Nicht mehr zulässig sind Sprüche wie „Stärkt die Ab- wehrkräfte“, „Schützt vor Erkältung“ oder „Hilft Kindern beim Wachstum“. Was nach einem durchaus strengen Verfahren klingt, schützt die Verbraucher trotzdem nicht vor Irreführung, kritisiert Foodwatch. „Der Anspruch der EU-Verordnung war, den Verbrauchern bei der gesünderen Auswahl von Lebensmitteln zu helfen“, sagt Foodwatch-Ex- perte Oliver Huizinga im Gespräch mit der „Wiener Zeitung“. „Wenn wir aber jetzt auf Sü- ßigkeiten, Softdrinks oder auf salzigen Kinder- würstchen mit dem Segen der EU Gesundheits- versprechen finden, dann muss man sagen, dass die Verordnung gescheitert ist.“ Der Trick mit Vitaminen und Mineralstoffen „Eines der größten Schlupflöcher in der Health-Claim-Verordnung ist, dass es sehr viele zugelassene Gesundheitsversprechen für Vitami- ne und Mineralstoffe gibt“, schildert Huizinga die neueste Strategie der Lebensmittelhersteller, mit der Gesundheit zu werben. „Wenn einem Jo- ghurt wie Actimel Vitamine oder der ,Ferdi Fuchs Kindersalami‘ Calcium oder Folsäure künstlich zugesetzt werden, kann der Hersteller mit den zugelassenen Gesundheitsversprechen für diese Vitamine und Mineralstoffe werben. Und das, obwohl klar ist, dass Kinder ohnehin deutlich mehr Wurst essen, als sie sollten.“ Ein Joghurt mit „probiotischen“ Bakterien darf nun zwar nicht mehr mit dem Spruch „Stärkt das Im- munsystem“ beworben werden, peppt man es aber mit Vitaminen auf, geht es trotzdem als ge- sundes Produkt durch − unabhängig davon, wie viel Zucker es enthält. Hinzu kommt, dass Hersteller nur dann mit den zugesetzten Vitaminen und Mineralstoffen wer- ben dürfen, wenn diese in nennenswerten Men- gen eingesetzt wurden. Das Problem: Es gibt kei- ne Regelung über die Höchstmengen für Vitamine, Mineralstoffe oder Pflanzensterine in Lebensmitteln. „Fachleute warnen immer wieder vor den Folgen von Überdosierungen“, kritisiert 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 Reflexion Medien Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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