sprachreif HAK/HTL 1, Schulbuch

140 Eine Zusammenfassung schreiben Schritt 1: Planen Wie definiert man also heute Familie, fragen wir einen, der es wissen muss, den Sozialpädagogen Olaf Kapella vomÖsterreichischen Insti- tut für Familienforschung (ÖIF). Die Idee von der Kernfamilie sei zwar nach wie vor in allen Köpfen vorhanden, die Realität sehe je- doch anders aus, meint er: „Partnerschaft und damit auch Familie sind heutzutage kein Projekt mehr auf Lebenszeit, sondern nur noch ein Projekt auf Zeit.“ Familie heißt Beziehungen. On-/Off-Beziehungen, ein Phänomen unserer Zeit und womöglich Ausdruck von überschießendem Egois- mus und damit Zerstörer der Familie? Das will Kapella so nicht gel- ten lassen. „Das goldene Zeitalter der klassischen Kernfamilie waren die 1950er/1960er Jahre. Damals ist dieses Idealbild entstanden. Aber weder davor noch danach war dieses Modell vorherrschend. Man sehe sich nur mal das 18. Jahrhundert an. Da gab es eine Viel­ zahl an Regeln, wer wen heiraten durfte. Die Ehe diente zur finanzi- ellen Absicherung oder um einen sozialen Status zu bewahren. Erst als die Abhängigkeitsverhältnisse abgenommen haben, vor allem durch die fortschreitende Ausbildung und Selbständigkeit der Frau, konnte man sich den Luxus der Liebesheirat leisten.“ Beim Begriff Familie werden viele Beziehungsformen miteinander gekoppelt, erläutert Kapella die Verwirrung rund um die moderne Familie: Erotik und Sexualität der Paarbeziehung einerseits sowie der Zusammenhalt von Menschen und das Füreinandersorgen ande- rerseits. Natürlich könne man Familie auch klassisch-soziologisch umreißen als Gemeinschaft, in der verschiedene Generationen mit- einander leben. Aber das sei unbefriedigend, findet er. „Familie ist für jeden Einzelnen der Platz, wo man sich sicher fühlt, wo Bedürf- nisse befriedigt werden, man sich selbst ausprobieren kann, wo man in Interaktion miteinander tritt. Daher ist es wichtig, Familie unab- hängig von Blutsverwandtschaft zu definieren. Wenn wir über Fami- lie reden, reden wir über Beziehungen, die uns wichtig sind, die uns unterstützen. Das können Blutsverwandte sein, aber auch Freunde oder angeheiratete Verwandte. Familie ist heute ein sehr individuel- les Gebilde. Je stärker man dies definieren will, umso eher grenzt man aus.“ […] QUELLE: http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/archiv/31632_Familie-Mythos-undRealitaet.html ; (abgerufen am 01.09.2015) 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 Schreiben 5  N ur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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