querdenken - Geschichte und Politische Bildung 4, Schulbuch

98 Europäisierung „Europa“ – kein eindeutiger Begriff Europa – politisch und geografisch Wenn heute von „Europa“ gesprochen wird, ist damit meist der vereinfachte Ausdruck für „Europäische Union“ gemeint. Doch dieser Verbund aus derzeit 28 Mitgliedsstaaten (Stand: November 2018) ist bei weitem nicht die einzige Möglichkeit, um den Begriff „Europa“ zu definieren. Geografisch gesehen ist mit Europa heute der Kontinent gemeint, der sich in seiner Nord-Süd-Ausdeh- nung von der eurasischen Platte in Island bis zum 36. nördlichen Breitegrad in Südspanien erstreckt, in seiner Ost-West-Ausdehnung von der Atlantikküste Portugals bis zum Uralgebirge in Russland reicht. Europa als Idee – zwischen Einheit und Vielfalt Vielfach wird das „Wesen“ eine „Europas“ auch immer wieder gerade darin erklärt, dass es sich eben nicht eindeutig definieren lässt, sondern vielmehr als „Projekt“ verstanden werden kann. Eine solche Betrachtungsweise zielt meist auf die Idee der „Europäischen Einheit“ im politischen Sinn ab. Über Jahr- hunderte standen sich die Nationen Europas immer wieder in verheerenden Kriegen als Feinde gegenüber (z. B. Dreißigjähriger Krieg, Erster und Zweiter Weltkrieg). Daraus wurde im 20. Jh. schließlich die Idee geboren, die Staaten Europas müssten sich künftig zu Bünden zusammenschließen, um diesen immer wieder aufbrechenden Konfliktherden durch einen möglichst engen Austausch und Zusammenhalt entgegenzuwirken. Neben dieser aus unzähligen politischen und wirtschaftlichen Krisen erwach- senden Idee eines geeinten Europas wird aber immer wieder auch auf die enorme Wichtigkeit eines Erhalts der Diversitäten innerhalb Europas hinge- wiesen, die sich z. B. in Form verschiedener Esskulturen, Sprachen, Gebräuchen oder auch Formen des Zusammenlebens zeigt. › Der Name Europa geht auf die griechische Mytho- logie zurück, wonach sich der griechische Göttervater Zeus in Europa, eine phönizische Königstochter, verliebt. Durch eine List – er verwandelte sich in einen zahmen Stier – ent- führt er Europa auf die Insel Kreta. Frederic William Rose (1849–1915), Karikatur Europas in Form einer Darstellung unterschiedlicher Konflikte, 1899 Die griechische 2-Euro-Münze zeigt die mythologische Darstellung Europas, Foto, 2002 P Diversität: kulturelle Viel- fältigkeit Darstellung Europas als „ersten Erdteil in Form der Jungfrau“, 1582 BASISKONZEPT – DIVERSITÄT In unserer Welt gab und gibt es viele unterschiedliche Grundlagen, Ansichten und Möglichkeiten, um zusammenzuleben. In den diversen Regionen der Erde, Kulturen oder auch in persönlichen Lebensabschnitten gibt es verschiedene Bedürfnisse, Erfahrungen und Überzeugungen, die respektiert und anerkannt werden sollten. Das Wissen über Unterschiede und Vielfalt ermöglicht es uns, andere besser zu verstehen und hilft uns, ein gutes Zusammenleben zu errei- chen. Die Geschichte hat oft gezeigt, dass Menschen Vorteile haben, wenn sie andere Lebensweisen und Kulturen (Sprachen, Speisen etc.) kennenlernen. A1 Gib einige Grundideen, wie man den Begriff „Europa“ definieren könnte, mit Hilfe des Inputtextes und der Textquelle wieder. Vergleiche die Darstellungen und Quellen dieser Seite in Bezug auf das dort wiedergegebene „Europabild“. Entwickle deinen persönlichen Begriff von Europa. (HSK, HMK) M7 Ich bin davon überzeugt, dass der wahre Reichtum Europas – man könnte auch sagen: das Salz Europas – die Vielfalt der Kulturen, Sprachen, Ethnien und Regionen ist. Die Union der Europäer […] sollte nicht nur von den staatstra- genden Mehrheitsvölkern geformt werden, sondern auch von der Vielzahl von interessanten, kleinen und Kleinstnationalitäten. Gauß, „Das Salz Europas ist die Vielfalt der Kulturen“, Interview in Deutschlandfunk Kultur, 17.3.2017 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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