querdenken - Geschichte und Politische Bildung 4, Schulbuch

56 Holocaust Nationalsozialistische „Euthanasie“- Morde Ab 1939 begannen die Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten mit der planmäßigen Ermordung von Menschen mit Behinderung und von unheilbar Kranken jeglichen Alters. Diese Morde bezeichneten die NS-Behörden miss- bräuchlich bzw. verschleiernd als „ Euthanasie -Programm“. Die menschenver- achtende Rechtfertigung des Nationalsozialismus für das Mordprogramm war, dass diese Menschen kein schönes Leben hätten und ihr Dasein daher als „lebensunwert“ bewertet wurde; mit ihrer Tötung würde man den Betroffenen helfen. Der Massenmord trug die Tarnbezeichnung „Aktion T4“, der Name leitet sich von der Adresse der NS-Organisationszentrale in Berlin in der Tiergarten- straße 4 ab. Eigene „Euthanasie“-Anstalten wurden errichtet und die Transporte von Menschen in diese Tötungsanstalten fanden oft in grauen Bussen statt. Betroffene wurden zumeist unmittelbar nach der Ankunft durch die Zuleitung von Gas ( Kohlenmonoxid ) in eigens eingerichteten Räumen ermordet. P Euthanasie: griech., ursprünglich „schöner Tod“; in der Medizin verbindet man mit dem Begriff heute aktive Sterbehilfe; dies bedeutet, dass einem schwerkranken Menschen auf seinen Wunsch hin ein Mittel verabreicht wird, das den Tod herbeiführt; das Thema wird gesellschaft- lich intensiv diskutiert, in manchen Ländern ist aktive Sterbehilfe erlaubt, in Öster- reich ist sie verboten. P Kohlenmonoxid: giftiges, farb- und geruchloses Gas; entsteht bei unvollständiger Verbrennung von kohlestoff- haltigem Material wie z. B. Kohle oder Benzin; führt zu Atemnot und Ersticken Schloss Hartheim, Foto, 1935 › Bevor Schloss Hartheim 1940 zu einer NS-Tötungs- anstalt wurde, war es ein Pflegeheim für Menschen mit Behinderung. Seit 2002 ist das Schloss Lern- und Gedenkort u. a. über und für Opfer der „Euthanasie“-Morde. dq726q Lern- und Gedenkort Hartheim Horst Hoheisel/ Andreas Knitz, Denkmal der grauen Busse für „Euthanasie“- Opfer, Köln- Deutz (Deutsch- land), Foto, 2013 Im August 1941 wurde die „Aktion T4“ offiziell gestoppt. Dazu trugen v. a. Wider- stand von Seiten der Angehörigen, der Kirche und die Information einer größe- ren Öffentlichkeit über die Vorgänge durch den deutschsprachigen Radiosender der britischen Rundfunkanstalt (BBC) bei. Bis dahin waren bereits 70.000 Menschen in den „Euthanasie“-Anstalten getötet worden. Danach wurde das Morden in öffentlichen Pflegeanstalten fortgeführt. Man nimmt an, dass bis zum Kriegsende etwa 300.000 Menschen der „Euthanasie“ zum Opfer fielen. Tötungsanstalt Hartheim In Österreich war Schloss Hartheim bei Alkoven (OÖ) die größte Tötungs- anstalt im Rahmen der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde. Zwischen 1940 und 1944 wurden in Hartheim nahezu 30.000 Menschen ermordet. Auch in sogenannten Genesungsheimen oder Krankenhäusern wie z. B. in der Wiener Heil- und Pflegeanstalt „Am Steinhof“ (heutiges Otto-Wagner-Spital) bzw. in der sogenannten Kinderfachabteilung „Am Spiegelgrund“ wurden Patientinnen und Patienten – Kinder und Erwachsene – ermordet bzw. von dort nach Hartheim abtransportiert. A7 Beschreibe den Umgang mit Menschen mit Behinderung in der Zeit des Nationalsozialismus anhand der Informationen im Text. Bewerte Haltung und Umgang von Gesellschaft und Politik heute, um Menschen mit Behinderung ein gleichgestelltes Leben zu ermöglichen. (AW, PUK) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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