querdenken - Geschichte und Politische Bildung 4, Schulbuch

51 Holocaust Vom rassistischen Antisemitismus zum Massenmord Die Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten leiteten die Ziele ihrer menschenverachten- den Politik aus der „Rassen- lehre“ ab. Das Ziel, die „Reinheit der arischen Rasse“ zu erhalten und eine „Rassenmischung“ zu verhindern, rechtfertigte ihrer Auffassung nach die Tötung be- stimmter Gruppen und Völker. Dieser „Rassenwahn“ betraf neben Jüdinnen und Juden u. a. auch Romnija und Roma sowie Menschen mit körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen. Die Lage der jüdischen Bevöl- kerung verschlechterte sich nach dem Novemberpogrom 1938 dramatisch, der Druck „auszuwandern“ (Vertreibung) wurde sehr groß. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges (1.9.1939) mit dem Überfall auf Polen kam es in den von den Nationalsozialisten eroberten Ostgebieten zu Massentötungen. Von der SS gebildete Sonderkommandos hatten den Befehl, dort lebende Jüdinnen und Juden, Romnija und Roma sowie Angehörige der kommunistischen Füh- rungsschicht zu töten; es wurden schätzungsweise zwei Millionen Menschen ermordet. Zugleich begannen 1939 erste planmäßige Verschleppungen (Depor- tationen) aus Deutschland v. a. in das besetzte Polen. Dort mussten Jüdinnen und Juden bereits ab September 1939 einen sog. „Judenstern“ tragen, ab September 1941 galt der Zwang für das gesamte Deutsche Reich. Dazu kamen weitere Einschränkungen im Alltag, wie z. B. geringere Lebensmittelrationen und Ausgehverbote. Ab Oktober 1941 gab es ein Auswanderungsverbot, d. h. Jüdinnen und Juden konnten nicht mehr aus NS-Deutschland fliehen. 1941 beschlossen die Nationalsozialisten die „Endlösung der Judenfrage“. Unter der verharmlosenden Bezeichnung verstanden sie die Organisation und Durch- führung der systematischen Ermordung aller Jüdinnen und Juden in den von ihnen beherrschten Gebieten. Genau geplante Deportationen in Ghettos und eigens errichtete Vernichtungslager begannen. In Viehwaggons ohne Wasser und Nahrung wurden vorwiegend jüdische Menschen, aber auch politische Gegnerinnen und Gegner oder Romnija und Roma in den Osten transportiert. P Romnija und Roma: „Romni“ bedeutet Frau, der Plural lautet Romnija; Rom heißt Mann; dies wird als Oberbegriff für verschiedene Bevölkerungsgruppen verwen- det, die über die ganze Welt verstreut leben; sie haben gemeinsame sprachliche und kulturelle Wurzeln und ihre Herkunftsregion ist vermutlich das nordwestliche Indien. P „Judenstern“ (Gelber Stern): ein Zwangskennzei- chen für Personen über sechs Jahren, die nach den Nürn- berger Gesetzen als jüdisch galten. Es war bei Strafe verboten, den Stern in der Öffentlichkeit nicht oder nicht sichtbar zu tragen; Betroffene mussten die Kennzeichen selbst bezahlen. „Judenstern“ Personen mit gelbem Stern in Berlin, Foto, 1941 Die Ausstellung „Der ewige Jude“ diente der Aufhetzung der Bevölkerung im Sinne der rassistischen NS-Ideologie, Foto, 1937 A2 Analysiere den zeitlichen Verlauf der Verfolgung und die Organisation der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung im Dritten Reich. Formuliere in eigenen Worten, auf welche Grundlagen sich die NS-Vernichtungspolitik berief. (AW) BASISKONZEPT – ZEITVERLÄUFE Wir haben das Gefühl, dass die Zeit nie stillsteht, das bedeutet, sie ist dyna- misch. Die Geschichte ist immer wieder durch Phasen großer Veränderungen gekennzeichnet. Die Merkmale solcher Zeitabschnitte können sehr unter- schiedlich sein: z. B. ein längerer Entwicklungsprozess, ausgelöst durch bestimmte Erkenntnisse und Wandlungen, ein abrupter Umbruch, wie bei einer Revolution, oder eine langsame, unbewusste Veränderung von Gewohn- heiten und Werten. Solche Zeitverläufe können durchgehend stattfinden, also kontinuierlich sein. Sie können aber auch unregelmäßig verlaufen, also dis- kontinuierlich sein. Nur zu Prüfzwecken g J – igentum N des Verlags öbv

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