querdenken - Geschichte und Politische Bildung 4, Schulbuch

31 Faschismus Austrofaschistischer Ständestaat Nachdem in Österreich am 4. März 1933 im Zuge einer Abstimmung die drei Nationalratspräsidenten zurückgetreten waren, erklärte Bundeskanzler Dollfuß das Parlament für ausgeschaltet. Das „Kriegswirtschaftliche Ermächtigungs- gesetz“ aus dem Ersten Weltkrieg (1917), das nie aufgehoben worden war, wurde missbräuchlich angewandt und Grundlage der Regierung. Es erlaubte einer Regierung, in Notzeiten auch ohne Parlament Verordnungen zu erlassen. Die Sozialdemokratische Partei protestierte heftig und geriet immer stärker in Gegensatz zur Regierung. Auch die Nationalsozialisten machten Druck. Sie verspürten nach der Machtergreifung Hitlers in Deutschland starken Aufwind. Nach Terror- und Sabotageakten wurde die NSDAP im Juni 1933 in Österreich aber verboten. Autoritäres Regime nach italienischem Vorbild Die Regierung Dollfuß entschied sich für einen autoritären Weg und suchte außenpolitisch Unterstützung bei Mussolini. Dieser verlangte dafür eine rasche Einführung einer faschistischen Ordnung in Österreich. Ein wichtiger Schritt dahingehend war die Gründung der Vaterländischen Front (VF) 1933. Sie sah sich als überparteiliche Massenorganisation aller regierungstreuen Kreise. Die VF richtete sich gegen den Nationalsozialismus und wollte das patriotische Österreich-Bewusstsein vertiefen. Ihr Symbol war das Kruckenkreuz, das für die „Erneuerung“ Österreichs stand. Dollfuß hatte einen Ständestaat zum Ziel, an die Stelle von Parteien sollten Berufsstände treten. Am 1. Mai 1934 verkün- dete die Regierung eine neue Verfassung. Durch die „Maiverfassung“ schuf man eine autoritäre Staatsform, mit der von 1934 bis zum „Anschluss“ 1938 ohne Parlament regiert wurde. In dieser Zeit gewann die römisch-katholische Kirche zunehmend an Einfluss (z. B. Familienrecht, Schulwesen). An die Stelle der Parteien trat die Vaterländische Front als einzig zulässige Partei. Gegen politisch Andersdenkende ging die Regierung mit großer Härte vor. Bei Ver- dacht einer illegalen Betätigung für eine der verbotenen Parteien (SDAP, KPÖ, NSDAP) konnten sie von der Polizei ohne Gerichtsverfahren in ein „Anhaltela- ger“ eingewiesen werden; das größte Lager dieser Art war Wöllersdorf (NÖ). Plakat der Vaterländischen Front, österreichische Flagge mit Kruckenkreuz, 1936 Engelbert Dollfuß (li.) und sein Nachfolger Kurt Schuschnigg bei einer Kundgebung der Vater- ländischen Front in Tulln (NÖ), Foto, 1934 O Demokratie, S. 10 ff. › Die beratende Funktion der Berufsstände für die Re- gierung wurde nie umgesetzt. Der „Ständestaat“ existierte also nur als Idee. A4 Fasse die zentrale Aussage der mittleren Textspalte des Plakats zusammen. Beurteile die Aussage in Bezug auf Demokratie und Parlamentarismus in Österreich heute. (HOK, PMK) M7 M12 Plakat (Wandzeitung) der Vaterländischen Front, 1936 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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