querdenken - Geschichte und Politische Bildung 4, Schulbuch

19 Demokratie Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes 1929 Die Novelle , die ein Ausdruck der damaligen politischen Diskussion über die Ausübung der politischen Macht in Österreich war, brachte eine Machtver- schiebung vom Parlament zum Staatsoberhaupt. Seine Rechte wurden erwei- tert: Sie oder er ernennt die Regierung (bis 1929 vom Parlament gewählt) und kann diese entlassen bzw. den Nationalrat einberufen und auflösen. Seither wird die Bundespräsidentin bzw. der Bundespräsident nicht mehr von der Bundesversammlung, sondern direkt vom Volk auf sechs Jahre gewählt. Sie oder er hat den Oberbefehl über das Bundesheer. Die Stellung des Verfas- sungsgerichtshofes wurde 1929 ebenfalls gestärkt. „Maiverfassung“ 1934 und Zeit des Nationalsozialismus In der autoritären ständestaatlichen „Maiverfassung“ von 1934 verloren der National- und Bundesrat die Befugnis zur Schaffung von Gesetzen. Diese über- nahm die Bundesregierung, die ohne parlamentarische Kontrolle regierte. In der Dollfuß-Diktatur wurde auch der Verfassungsgerichtshof abgeschafft. Während der NS-Zeit galt die Verfassung des Deutschen Reiches, das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit wurde aber von einer willkürlichen Gesetzgebung und Rechtsprechung verdrängt. Die Verfassung der Zweiten Republik Als die Republik Österreich nach Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 wiedererrichtet wurde, schrieb man keine neue Verfassung, sondern setzte das Bundes-Verfassungsgesetz (in der Form von 1929) wieder in Kraft. Aufgrund ihrer grundlegenden Bedeutung können Verfassungsgesetze nur erschwert geändert werden: Eine Zweidrittelmehrheit im Parlament muss dafür stimmen und mindestens 50% der Abgeordneten müssen anwesend sein. Für eine Gesamtänderung der Verfassung muss eine Volks- abstimmung abgehalten werden (dies war beim EU-Beitritt von Österreich 1995 der Fall). P Novelle: Gesetzesergän- zung, Nachtrag zu einem bereits bestehenden Gesetz 3d2ua4 http://www.bundespraesident.at/ aufgaben/aufgaben-und-rechte/ O Faschismus, S. 31 › Der österreichische Ver- fassungsgerichtshof (VfGH) sichert die demokratisch- rechtsstaatliche Ordnung. Er besteht aus 14 Verfassungs- richterinnen und -richtern und sechs Ersatzmitgliedern. Sie werden von der Bundesregie- rung, dem Nationalrat und dem Bundesrat ernannt und handeln unabhängig von poli- tischen Parteien. Mit 70 Jahren müssen sie aus Altersgründen aus dem Amt scheiden. Verhandlung des Verfassungs- gerichtshofs, Foto, 2018 q9iw8m www.vfgh.gv.at A12 Beschreibe das österreichische Verfassungsschema. Analysiere die Aufgaben und Funktionen des Staatsoberhauptes. Erörtere den Sinn einer Zweidrittelmehrheit für Abänderungen von Verfassungsgesetzen. (HMK, HOK) M6 Österreichisches Verfassungsschema (oberste Instanzen) Legislative Wählerinnen und Wähler Bundesversammlung Bundesgesetzgebung Bundesrat Bundespräsidentin bzw. Bundespräsident Bundes- regierung Landesgesetzgebung rechtlich verantwortlich Wahl (bis 1929) entsendet Mitglieder Landtagswahl verantwortlich Kontrolle • Nationalratswahl • Volksabstimmung • Volksbegehren • Laiengerichtsbarkeit • Geschworene • Schöffen Landtage Nationalrat Verfassungsgerichtshof Verwaltungsgerichtshof Oberster Gerichtshof Exekutive Jurisdiktion überwacht u.a. Verfassungsge - setzmäßigkeit der Gesetze und Verordnungen, Beachtung der Grundrechte Gerichte 1. und 2. Instanz ernennt wählen Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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